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Schweizer Lebensläufe

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Gerold Späth, Jahrgang 1939, hat sich in seinen bisherigen Romanen und Erzählungen als ein Schweizer Grimmelshausen und Rabelais erwiesen.

In seinem neuen Erzählband fällt sein Blick nicht nur wie bisher auf die heimatlichen Gefilde am Zürichsee, auf die Menschen um ihn herum, deren Kleinbürgerlichkeit er so gern auf spießt, er geht auch über die Schweiz hinaus, zum Beispiel in der Titelerzählung „Sacramento” in den Wilden Westen Amerikas zu Ende des vorigen Jahrhunderts in der Zeit des Goldfiebers. Er setzt in dieser Geschichte, in deren Mittelpunkt ein 1867 ausgewanderter junger Schweizer steht, ein Beispiel dafür, daß Schuld im allgemeinen eher geglaubt wird als Unschuld und daß der Schick- salsfädler Zufall oft im tödlichen Spiel sitzt.

Aber immer sind es Schweizer Lebensläufe, auch wenn sie ins Ausland führen wie etwa auch in der Geschichte „Ende der Nacht”. Am stärksten ist Späth dort, wo er skurrilen Figuren Gestalt gibt wie in der Geschichte „Das Haus und die anderen”, in der ein Rentner durch die Reaktionen der anderen auf sein selbstgebautes, bis in den letzten Winkel innen und außen bunt bemaltes Haus in den Selbstmord getrieben wird.

Denkt man an den barocken Erzähler von unerschöpflichem Einfallsreichtum, den man aus seinen Romanen kennt, dann fällt allerdings auf, daß Späth in diesem schmalen Band mit neun Geschichten bei aller spürbaren Lust am Erzählen seiner Phantasie Zügel anlegt.

SACRAMENTO. Neun Geschichten von Gerold Späth. S. Fischer Verlag, Frankfurt 1983. 141 Seiten. Ln., öS 182^0.

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