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.. Hinschauen, verstehen”

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Gertrud Fussenegger, die 1912 in Pilsen als Tochter eines Offiziers Geborene, die noch einen Hauch vom k. u. k.-österreich zu spüren bekam, zeichnet hier Stationen eines Lebens auf, das ständig das Bild der Feuersäule als Inbegriff von Krieg und Revolution, Zerstörung und Blutvergießen vor Augen hat. Sie berichtet von der früh verstorbenen Mutter und dem kantig geraden Vater, von den Geschwistern und den fürsorglichen Pilsener Tanten, von ersten Liebschaften und Tanzstunden, von Freunden und Freundinnen, von Lehrern an Schule und Universität, von ersten schriftstellerischen Arbeiten, von Mühe und Not einer Ehe im Krieg.

„Ich wollte hinschauen, verstehen”, schreibt sie von ihrer Kindheit. In dieser Haltung trat sie dem neuen Deutschland nach 1933 gegenüber. Sie war in einem streng nationalen Haus aufgewachsen und in den letzten Pilsener Schuljahren vor der Matura mit den Ideen des Sozialismus in Berührung gekommen. Nun, einige Jahre später, war die Symbiose scheinbar gefunden. Was konnte also für sie näherliegen als die Haltung des Hinschauen- undrVerstehen-Wollens, in Zaum gehalten durch die ihr eigene Leidenschaft des Zweifelns.

Sie erhielt sich ihr inneres Gleichgewicht, indem sie allen Alpträumen von den Mühlsteinen Unrecht, Schande und Untergang die Wirklichkeit des deutschen Alltags entgegensetzte - „ein Muster an Sauberkeit, Pünktlichkeit, Genauigkeit, Ordnung” - und das Recht aufs eigene Leben: „In jeder Zeit sind Elemente des Todes unterwegs, aber wer möchte leben, wenn er nur sie sähe ..In diesen Partien vermag ihr 1945 endender - in weiten Strecken recht privater - Lebensbericht exemplarisch zu wirken für eine ganze Generation.

EIN SPIEGELBILD MIT FEUERSAULE. Lebensbericht. Von Gertrud Fussenegger. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1979. 445 Seiten, öS 300,20.

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