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Ein wortgetreues Schweigen

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Die Tochter Peter Schlemihls hat mit ihrem Schatten kein böses Geschäft gemacht, um sich wie ihr Vater zwischen Rationalität und Romantik die, Siebenmeilenstiefel der modernen Forschung und Entdeckungen anmessen zu lassen, Ihr ist der Schatten völlig natürlich abhanden gekommen: in dem Silberlicht der unteren Donau, in den hellhäutigen Zimmern ihres Wolkenhauses zwischen Feldern von Sonne.

Da ist also keine männliche Alternative des Entweder-Oder: denn die Tochter Schlemihls findet, wenn sie will, jederzeit den dunkelkühlen Abdruck der Welt wieder, um aufzuatmen „im Schatten der Wörter“, „auf den herrlichen schwarzen Brük-ken über der Lichtflut“. Es geht ein großer Zauber von diesen Gedichten aus: Zauber im urtümlichsten Sinn. Etwas in uns wird verwandelt. Wer sein Denken, seine Hypothesen und seine logischen Netze für das „Geistige“ hielt, sieht nun wie plump und ungeschlacht sich dieser sogenannte Geist gegenüber der unmittelbaren Sinneserfahrung ausnimmt, sobald sie uns eine wahrhafte Dichterin vermittelt: „...denn Wörter sind Tore zu vielen Zimmern, die das Ungesagte bewohnt.“

Zwei Frauen, die Autorin und Pia Montecuccoli-Leisching als Graphikerin, haben hier jenseits aller Emanzipationsprogramme und jeglicher Absichtlichkeit gezeigt, wie sehr das Männliche in Chamissos Schlemihl einer weiblichen Ergänzung, ja Steigerung bedürftig und fähig ist.

SCHLEMIHLS TOCHTER. Von Elisabeth Schawerda. Zeichnungen von Pia Montecuccoli-Leisching. Edition Atelier, Wien 1991.87 Seiten, öS 148,-.

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