6895768-1980_10_10.jpg
Digital In Arbeit

Eine bessere Welt

Werbung
Werbung
Werbung

Der 1935 in Materada/Istrien geborene, in Triest lebende Italiener Fulvio Tomizza erhielt den österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur. Für seinen Roman „Eine bessere Welt", für den er 1977 schon die höchste literarische Auszeichnung Italiens, den „premio strega", bekam. Wer ahnt, was hier auf einer ideellen Österreich-Italien-Achse geschah! Der Roman ist die Chronik eines Dorfes auf der Halbinsel Istrien, in dem seit 300 Jahren Italiener und Slawen nebeneinander und gegeneinander leben. Sie beginnt zur Zeit der Habsburger, folgt dem Wechsel von politischen Regimen und Ideologien bis ins Heute. Von den Österreichern 1918 verloren, vonltalienern und Jugoslawen um die versprochene Autonomie gebracht, ist Istrien eine der nie heilenden Wunden Europas, eine Landzunge des Vielvölkerleids.

Und nun zeichnen sowohl Italien als auch Österreich einen aus, der die doppelte Demütigung seiner verlorenen Heimat durch die Ahnen dieser beiden Staaten zu bewältigen sucht. Da reicht der hohe literarische Stellenwert dieses thematisch wie stilistisch meisterhaften' Werkes 'zur Begründung nicht aus, dieser Roman hat auch im Augenblick der Preiswahl politische Dimension. Ist es da nicht, als ob es plötzlich keine Grenzen mehr gäbe? Als ob von zwei Seiten eine gemeinsam verhunzte Geschichte gesühnt würde? Ist es da nicht, als ob für kurze Preisfeierlichkeiten nicht doch jene „bessere Welt" erstünde, auf die die Menschen des Romans seit Jahrhunderten vergeblich warten? Der österreichische Staatspreis für Europäische Literatur war - auf die Tradition einer Viel-Völker-Idee bauend - noch nie so österreichisch und so europäisch in einem. Diese Wahl ehrt die Juroren.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung