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Eine Infiltration

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Nach dem Abschluß des Versailler Vertrages setzte eine strategische wie kulturpolitische Öffnung des Deutschen Reiches nach dem Osten ein, in deren Rahmen seine Metropole zum Zentrum sowjetischer Einflußnahme wurde. Eine Anthologie dieser Einwirkung und ihres Niederschlags hat nun der DDR-Wissenschaftler Fritz Mierau vorgelegt.

In der Fülle der publizierten, leider unkommentierten Aufsätze und Briefdokumente wird mancher etwas finden — und zweifellos vermitteln die Debatten um Alexej Tolstoi und Wassili Kandinsky, um Fjodor Glad- kows „Zement“ und Sergej Eisensteins „Panzerkreuzer Potemkin“ einen vielfach schillernden Raster der nach dem Schock des Weltkrieges zum Durchbruch gelangten neuen künstlerischen wie ideologischen Tendenzen. Zwischen einzelnen mahnenden Stimmen, etwa denen Siegfried Kracauers oder Gottfried Benns, zeigt sich jedoch wesentlich das Abdriften einer zutiefst verstörten Intelligenzija von der Neorenaissance der Jahrhundertwende hin zu jener propagandistischen und primitivistischen Verflachung, die via Regietheater oder architektonischem Funktionalis mus noch die deutsche Gegenwart kennzeichnet.

So betrachtet, entpuppt sich Fritz Mieraus gewichtiger Sammelband als Dokument einer Fremdbestimmung, die aus der Tragödie Europas erwachsen ist.

RUSSEN IN BERLIN. 1918—1933. EINE KULTURELLE BEGEGNUNG. Herausgegeben von Fritz Mierau. Quadriga-Verlag, Weinheim, Berlin 1988. 611 Seiten, öS 374,40.

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