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Eine Woche Weltpolitik

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• Unübersehbare Differenzen zwischen den USA und ihren europäischen Verbündeten traten bei der 29. Ministertagung der Nuklearen Planungsgruppe der NATO am 7. und 8. April in Bonn zutage. Während die europäischen NATO-Mitglieder darauf bestanden, daß Verhandlungen mit Moskau im eurostrategischen Bereich Teil der SÄLT-Gespräche zwischen den USA und der Sowjetunion sein müßten, wollte US-Verteidi- gungsminister Caspar Weinberger diese beiden Dinge voneinander getrennt sehen. Nur widerwillig nahmen die Europäer von ihrem amerikanischen Amtskollegen außerdem dessen Aufforderung zur Kenntnis, sie sollten nach dem Vorbild der USA ihre Verteidigungsausgaben erhöhen - notfalls auf Kosten der Ausgaben im sozialen Bereich. Und auch die Vorgänge in Polen werden diesseits und jenseits des Atlantiks unterschiedlich bewertet.

• Gustav Husäk, Staats- und Parteichef der ČSSR, richtete beim KPTsch-Parteitag in Prag am 6. April heftige Angriffe gegen die polnische Führung, die „zerstörerische Aktionen bereits zur Staatspolitik erhoben“ habe. (Zu einer Verbesserung des ohnehin angespannten Verhältnisses zwischen den Prager und den Warschauer Genossen hat diese Rede bestimmt nicht beigetragen.) Da wirkte die Rede des sowjetischen Parteichefs Leonid Breschnew in Prag tags darauf geradezu wie eine Beruhigungspille: Er betonte sein Vertrauen in die Kraft der Führung in Warschau, was allgemein als eine „Galgenfrist“ Breschnews Für Polen interpretiert wurde. Bei der Tagung der ostdeutschen Einheitspartei SED wiederum, die am 11. April in Ostberlin mit einem Fünfstündigen (!) Grundsatzreferat von Parteichef Erich Honecker eröffnet wurde, nahm das Thema Polen - zumindest nach außen hin - eine eher nebensächliche Rolle ein.

• London erlebte in der Nacht auf den 12. April die schwersten Krawalle seit Jahrzehnten. Bilanz der Straßenschlachten zwischen Polizisten und überwiegend farbigen Jugendlichen im Ost-Londoner Armenviertel Brixton: 165 verletzte Polizisten, 18 verletzte Zivilisten, rund 100 Verhaftungen, Plünderungen, 25 ausgebrannte Häuser, 60 zerstörte Kraftfahrzeuge. Die Bewohner von Brixton erklären, es habe sich bei den Krawallen um keine Rassenunruhen, sondern um eine spontane Aktion gehandelt; die Londoner Polizei ist der Ansicht, daß die „Schlacht von Brixton“ vorbereitet und von außen gesteuert worden sei. Mögliche Ursache der Auseinandersetzung: die soziale Situation. Nur ein Beispiel: die Arbeitslosenrate von farbigen Jugendlichen in Brixton liegt bei über 50 Prozent.

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