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Eine Woche Weltpolitik

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• Michail Suslow, „Großmeister der russisch-marxistischen Orthodoxie“ (Neue Zürcher Zeitung), traf am 24. April überraschend zu einem Blitzbesuch in Warschau ein, wo er mit Parteichef Stanislaw Kania und hohen Mitgliedern des polnischen Politbüros konferierte. Vermutlicher Hintergrund der Kurzvisite Suslows: Die Fraktion der Dogmatiker um Olszowski und Grabski sieht sich von den reformfreudigen Kräften innerhalb der Partei (vor allem an der Basis) zusehends an die Wand gespielt. Von diesen „Falken“ aus ging wahrscheinlich auch ein „Hilferuf* nach Moskau. So ganz dürfte das „Krisenmanagement“ Suslows aber nicht geklappt haben. Wohl ist im Schlußkommunique von einer „herzlichen Parteiatmosphäre“ die Rede, der sonst übliche Hinweis auf die „volle Übereinstimmung“ fehlt jedoch. Die innerparteilichen Querelen in der PVAP gehen also weiter - ebenso wie der Prozeß der wirtschaftlichen Krise in Polen: Am 22. April beschloß die Regierung die Rationierung weiterer Grundnahrungsmittel, darunter Butter, Mehl und Getreideprodukte.

• Entspannungsgesten und weiterhin „harte Worte“ - der Kreml erhielt vergangene Woche von Washington beides auf einmal präsentiert: Am 24. April hob US-Präsident Ronald Reagan das von seinem Vorgänger Jimmy Carter gegen die Sowjetunion verhängte Getreideembargo auf und löste damit sein Wahlversprechen gegenüberden amerikanischen Getreidefarmern ein. Moskau jubelte, attak- kierte auch gleich noch einmal die kurzsichtige Embargo-Politik, mit der sich die Vereinigten Staaten nur selbst geschadet hätten, nahm mit Washington aber auf der Stelle Verhandlungen über Getreidelieferungen auf: Wer hat da jetzt wirklich wem geschadet? Inzwischen verurteilte US-Außenminister Haig erneut die sowjetische Politik der „Förderung des Terrorismus“, die er als die größte Gefahr für den Weltfrieden bezeichnete. „Diplomatische Wechselbäder“ sind das wohl, was Washington da den Sowjets derzeit verabreicht...

• Rüdiger von Wechmar, bundesdeutscher Diplomat und derzeit Präsident der UN-General- versammlung, erwies sich bei seinem letztwöchigen Österreichbesuch als wortgewandter Werbetrommler für die Vereinten Nationen. Dabei sparte er nicht mit Kritik an der Weltorganisation: Unter der wachsenden Papierflut, die niemand mehr verarbeiten könne, drohten die einzelnen UN-Organisa- tionen zu ersticken. Außerdem würde die geleistete Arbeit der UNO „schlecht verkauft“. Aber: Die UNO könne nicht besser sein als die Summe ihrer Teile - soll heißen: der einzelnen Mitgliedsstaaten. Als zentrales Weltproblem der Zukunft nannte von Wechmar die Bevölkerungsexplosion: „In 20 Jahren werden zwei Milliarden Menschen mehr den Globus bevölkern. Um die daraus resultierenden Probleme für die ganze Welt bewältigen zu können, müssen die internationalen Wirtschaftsbeziehungen unbedingt auf neue Grundlagen gestellt werden ... “

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