Unzählige alte Paare leben in einer unbeschreiblichen Einsamkeit zu zweit Kaum ein Wort geht von einem zum anderen. Nur Banales wird ausgesprochen, Gefühle werden verborgen.
Und bei vielen Gelegenheiten schlägt Bitterkeit aus beiden Partnern. Uralter Hader lebt auf, steinalte Zwistigkeiten sind un-vernarbt, die Brücke von Mensch zu Mensch konnte dem Leben und Altwerden nicht standhalten. Die sexuellen Beziehungen sind irgendwann versickert.
Ein völlig gegenteiliges Bild bot sich der Heimhilfe bei einem Ehepaar. Diese Heimhilfe, eine in ihrem Beruf und Privatleben erfahrene Frau, schildert mir folgendes:
„Die beiden müssen Sie sich mal ansehen! Er 92, sie 94. Substan-dardwohnung, geringes Einkommen, kinderlos. Aber immer fröhlich, immer bereit, dem anderen zu helfen. Sie plaudern, lachen, trinken, essen, feiern, sehen hie und da einmal Freunde. Sie sind dankbar für jeden Handgriff. Die Arbeit bei ihnen ist trotz Enge (kein Wasser in der Wohnung, kein WC, kein Bad) eine Freude...“
Jede Heimhilfe kennt ähnliche Paare. Sie lieben sich noch im hohen Alter, sie necken sich, sie können streiten, aber der Hader wird nicht chronisch. Statt beleidigter, erstarrter Mienen gibt es harte Worte—und dann ist die Luft wieder rein.
Wichtig erscheint mir die Beobachtung, daß beide Partner ein „offenes Wort“ miteinander reden können. Er ist nicht der große Befehlshaber, bei dem sie zu kuschen hat. Diese Opferhaltung, die alte Ehefrauen oft zeigen, führt wohl nicht zuletzt dazu, daß es keinen lebhaften Dialog gibt. Diese Dienerrolle, die Frauen der alten Generation oft spielen, ist nicht fruchtbar!
Befehl - Ausführung - Verbitterung - zähes, fruchtloses Ringen um die Aufmerksamkeit des Befehlshabers - tiefe, immer tiefere Einsamkeit der beiden nebeneinander. Selten noch ein Wort zwischen ihnen. Auf der Straße geht er drei Schritte voraus.
Verheiratet, aber einsamer als Singles, so kommen mir so manche alte Paare vor...
Auszug aui -Information, Altersforschung - Altenarbeir 11/87. Die Autorin ist Mitarbeiterin der Caritas Socialis.
