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Erbarmungslos

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Zum sechzigsten Geburtstag von Henry Jaeger wurde sein wohl wichtigstes Buch, „Die bestrafte Zeit“, neu aufgelegt. Jaeger selbst hat rund zehn Jahre seines Lebens in diversen Gefängnissen der Bundesrepublik verbracht. Dort begann er zu schreiben und wurde Schriftsteller. Das Buch ist eine erbarmungslose Abrechnung mit einem Strafvollzug, der selbst kein Erbarmen kennt. Auch in der Nachkriegsgesellschaft der BRD (und nicht nur dort) existieren die Sadisten und Unmenschen,

die dem Schrecklichen, das geschieht, noch ein Schäuferl drauflegen.

Die Mitläufer und hundertfünfzigprozentigen Befehlsempfänger: sie befinden sich unter uns. Sie stehen nicht mehr in vorderster Front, aber im Hintergrund halten sie sich bereit für den Fall, daß sie gebraucht werden — in der Gewißheit, daß auch ihre Stunde wieder kommen wird. Von großen „Bösen“ sind sie zu kleinen „Bösen“ geworden.

Dieses Buch ist nicht einfach nur Anklage. Es ist auch ein großes Fragezeichen, gerichtet an all jene, die meinen, schon die bloße Utopie von der „gefängnislosen Gesellschaft“ verurteilen zu müssen, weil sie Angst haben, dereinst selbst am Pranger zu landen - nämlich dafür, daß ihnen nichts Gescheiteres eingefallen ist, als gescheiterte Menschen einfach einzusperren.

DIE BESTRAFTE ZEIT. Von Henry Jae-

fer. Herbig Verlag, München-Berlin, 1987. 52 Seiten, öS 154,40.

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