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Erinnerungen an den Mutterleib

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Eines der ersten Ergebnisse empirischer psychologischer Forschung verdanken wir L. Salk. Er nahm den normalen Herzschlag von Müttern auf Tonband auf (72 Schläge in der Minute) und spielte ihn weinenden und schreienden Neugeborenen vor. Sie beruhigten sich daraufhin rasch, atmeten tiefer und hörten auf zu weinen, die meisten schliefen ein.

Wenn er aber den Rhythmus bis auf 128 Schläge in der Minute steigerte, nahmen Weinen und Erregung noch mehr zu, als wenn er das Tonband ganz abgeschaltet hätte.

Diese Methode wird inzwischen zur Beruhigung von Kindern in aller Welt verwendet, nachdem der japanische Arzt Murooka die Geräusche so aufgenommen hat, wie sie das Kind im Mutterleib hört.

Da bekannt ist, daß sich Neugeborene auch im ersten warmen Bad rasch beruhigen, muß ange-

nommen werden, daß es die Erinnerungen an den Mutterleib sind, die diese Wirkung haben. Das heißt aber nichts anderes, als daß die Situation im Uterus vom Kind registriert worden ist und die nachgeburtliche Situation damit verglichen wird...

Viel zuwenig bekannt ist auch, daß das Kind nach einer Periode raschen und sehr differenzierten Wachstums bereits zwischen der zehnten und 20. Schwangerschaftswoche sein gesamtes Bewegungsrepertoire ausbüdet. Danach können wohl noch komplizierte Bewegungen aus Elementen erlernt werden, aber es kommt nichts wesentlich Neues mehr dazu.

Bereits in diesem Alter hat es sich aktiv an seine Umgebung angepaßt, es trinkt Fruchtwasser, reguliert seine Körperlage, und manche Kinder saugen auch am Daumen...

Etwa ab der 24. Woche läßt die motorische Aktivität des Kindes

nach. Von da ab finden sich spontane rhythmische Gehirnwellen im Großhirn, zugleich bilden sich Schlafzyklen aus... Beides heißt aber nichts anderes, als daß von dieser Zeit an das Kind die Erfahrungen, die es mit seiner Umwelt macht, zu organisieren beginnt. SEPP SCHINDLER Der Autor ist Professor für Psychologie an der Universität Salzburg.

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