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Etwas zu hillig

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Bedenkenlos würde ich ein spärlich bedrucktes, aber lauter erstklassige Aphorismen enthaltendes Büchlein vorziehen, hätte ich zwischen einem solchen und einem ein bißchen stattlicheren Bändchen zu wählen, in welchem auch noch die zweit- und dritt-klassigen stehen geblieben sind -wie in Hanns-Hermann Kerstens „Euphorismen & rosa Reime“, von dem die Tauben im Aschenbrödel so manches ins Kröpfchen gesteckt hätten. Aber eben nicht aus kulinarischen Gründen.

Der Autor (oder der Lektor -oder wer auch immer) hat aus Lust am Wortspiel als solchem (oder damit das Buch dicker wird - oder warum auch immer) bedauerlicherweise auch solche Texte stehen lassen, die fast Aphorismen geworden wären, aber als nicht ausgeführter Einfall, als abstrakte Pointe bloß Rohmaterial für Formulierungen abgeben. (Drei Beispiele: „Brüderschaft: Im Dutzend billiger.“ „Einfache Frauen betätigen ihr Strickzeug; raffinierte ihr Trickzeug.“ „Comic-Fans: Leute mit .Blasen'-Leiden.“)

Dies ist schade. Denn so verwischt sich der gute Eindruck, den man hätte - hätte man nur die guten gelesen ( die nämlich, die Gabriel Laub nur meinen kann, wenn er Kerstens Aphorismen im Vorwort so entschieden lobt!).

Aber daß vor billigem Humor zu warnen ist, weiß Hanns-Hermann Kersten auch ohne die Belehrung durch eine Rezension längst schon von alleine: „Das Rezensenten-Unwesen in der Presse! Wozu braucht alle Welt einen literarischen Vorkoster? Was heute auf den Markt kommt, ist, auch wenn giftig gemeint, so schwach, daß jeder gesund davonkommt.“ Sonst würde er nicht formuliert haben: „Vor billigem Humor wird gewarnt. Besser gut geweint als schlecht gelacht.“

EUPHORISMEN & ROSA REIME. Von Hanns-Hermann Kersten. Mit einem Vorwort von Gabriel Laub und mit Zeichnungen von Dietrich Lange. Deutsche-Verlags-Anstalt, Stuttgart 1978. 95 Seiten, öS 132,70

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