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Freiheit der Kunst — total

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Eine inhaltliche Stellungnahme zu Herbert Achternbuschs Film „Das Gespenst" kann und Will ich nicht abgeben, da ich den Film nicht gesehen habe. Ich stehe aber voll und ganz hinter dem ihm Artikel 17a des Staatsgrundgesetzes verankerten Grundrecht auf Freiheit der Kunst, das bekanntlich in der Zeit der SPÖ-Alleinregierung in der Verfassung verankert wurde, wobei — und das erscheint mir nicht unwesentlich—nirgends von einer ausdrücklichen Ermächtigung zu Eingriffen gegen dieses Grundrecht die Rede ist.

Deshalb finde ich es persönlich bedauerlich, daß eine vielfach überforderte Judikatur von Fall zu Fall entscheiden muß, ob und inwieweit durch ein Kunstwerk andere Grundrechte berührt oder in Frage gestellt werden. Freiheit der Kunst, so meine ich, sollte auch die Freiheit des Staatsbürgers mit einschließen, sich ein eigenes Urteil über ein Kunstwerk zu bilden.

. Als Bundesminister für Unterricht und Kunst habe ich keinerlei Möglichkeiten, gegen die Beschlagnahme eines Filmes wie den von Herbert Achternbusch vorzugehen. Für meine — rein persönlich — geäußerte Meinung von der „überforderten Judikatur" möchte ich aber auch und gerade den Film von Achternbusch als Beispiel heranziehen.

Während die Staatsanwaltschaften von Linz und Graz von Verdacht auf „Herabwürdigung religiöser Lehren" gesprochen haben, lautet eine Entscheidung der 23. Strafkammer des Landesgerichtes München vom 9. Dezember 1983 folgendermaßen: Der Achternbusch-Film gehöre in die nicht strafbare Kategorie des Läppischen, Albernen, Geschmacklosen. Ihm fehle ein Mindestmaß an Format, das erforderlich wäre, um einen objektiven Anhänger der christlichen Religion tiefer als oberflächlich zu berühren.

Mit dieser Begründung wurde in München die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen Achternbusch wegen Beschimpfung eines religiösen Bekenntnisses abge- • lehnt.

Der Autor ist Bundesminister für Unterricht und Kunst.

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