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Genuß ohne Reue

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Nahrungsaufnahme hat jetzt ein Spaß zu sein

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Nahrungsaufnahme hat jetzt ein Spaß zu sein

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Fasfheißt hier nicht beinahe. Oder doch. Beinahe hätte ich nämlich damals, als man's zum ersten Mal hörte, fast food mit Fastenspeise übersetzt. Was vielleicht nicht einmal so falsch sein muß. Das vertrocknete Fleischlaberl wenigstens, Teil des sogenannten Menüs und als solcher ein Gegenstand, dem sich jeder Vegetarier getrost und ohne Gewissensbisse nähern kann, gemahnt gemeinsam mit seinem Salatplätschen-ambiente und dem Farbe einbringen sollenden Paradeisbrei, auch Tomatenketchup genannt, an Diätetisches.

Doch nun, fast heißt hier schnell und könnte ebenso gut, wie's ja beim Lunch schon passiert ist, mit Quick verdolmetscht werden. Da aber würde die abendländische Alarmglocke schon früher und schrill anschlagen, denn so ziemlich alles Eßbare, das

mit Qu beginnt, man denke nur an den Quark, mahnt zur Vorsicht, anders als beim Trinken, so schon die Quelle köstliches Labsal verheißt.

Schnell also muß gegessen sein, und war's den Alten noch ein Fest, in andächtiger Runde das Gottgegebene im Kreis der Lieben gemächlich anzunehmen, so hat die Nahrungsaufnahme jetzt ein Spaß zu sein. Klarerweise ist da der schwere Steingutteller der Pappendeckeltasse gewichen, und archaische Schüsseln haben beim Mampfen im Stehen und Rennen nichts verloren.

Der in den einschlägigen Lokalen gratis via Lautsprecher mitservierte

Rapkrawall läßt die Neurosen und Magengeschwüre geradezu aufblühen, und gelbliche wie auch bräunliche Flüssigkeiten werden aus Plastikbechern zum Gießen verwendet, während weißstrahlende Leuchtstoffröhren die Szene erhellen.

Fast, da ist es schon wieder, fast hätte ich vergessen zu erwähnen, daß ich auch schon in solchem Tempel war. Heutzutage ist es schwer geworden, wenn's einen drängt, eine hierfür vorgesehene öffentliche Anstalt zu finden. Das unpersönliche Geschiebe, das anonyme Hin und Her der Zu- und Weggehenden machte es mir ohne jeglichen Kon-sumationszwang möglich, bis in den ersten Stock vorzudringen, und es war gut.

Und so schicke ich denn, eingedenk auch hier meines anfänglichen Fehlurteils, Hamburger hätten etwas mit Schinken zu tun, einen dankbaren Gruß in die Hansestadt.

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