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Gott und Frauen

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Zwei mutige Bücher zur Geschichte der Frau - genauer: des männlichen Denkens über die Frau und ihre Geschichte - sind erschienen. Die Journalistin und Autorin Hilde Schmölzer versucht „Die verlorene Geschichte der Frau" aus dem Geschichtsdunkel von „hunderttausend Jahren unterschlagener Vergangenheit" herauszulösen und stellt sie gleichberechtigt neben jene der Männer.

In dem interessant zu lesenden Buch sind vornehmlich die Erkenntnisse der siebziger Jahre zur Geschichte der Frau zusammengetragen - in erster Linie Sekundärliteratur. Freilich wird dabei allzuvieles völlig unkritisch übernommen, so etwa die Vermischung des biologischen Faktums der Parthenogenese bei (vornehmlich) niederen Tierarten mit den historisch vermuteten matriarchalen Kulturen, um daraus den Schluß zu ziehen, daß das Weibliche das Ursprüngliche und Erste sei. Völlig einseitig geraten sind die Kapitel über „Die neue Frauenbewegung" und „Die Frau heute". Leider fehlt dem Buch eine klare anthropologische Grundlegung, ohne die auch eine solche Geschichte nicht nachgeschrieben werden kann.

Eine solche bietet zwar auch Georg Baudler, Religionspädagoge in Aachen nicht ausdrücklich, wohl aber eine theologische Grundlegung für seine „Geschichte von Gewalt, Sexualität und Religion", die unter dem einfachen Titel „Gott und Frau" zusammengefaßt ist. Baudlers Darstellung beginnt ebenfalls mit der These vom Ur-Matriarchat, diskutiert dann aber auch die biologischen Vorprägungen des Frau- und Mannseins. Seine Geschichte reicht über die Zeiten des „Jäger- und Sammlerdaseins", die „Seßhaftwerdung im Zeichen der Frau und der Sexualität" bis zur „Geschichte der Frau in der abrahamitisch-pro-phetischen und der asketisch-philosophischen Religiosität", um sie schließlich in der „Befreiung der Frau und des Mannes in der Gottesoffenbarung Jesu" münden zu lassen.

Baudler geht es um die verdrängte Bedeutung des Frauseins in der Geschichte der Religion bis hin zum Christentum, das heißt: einer Geschichte der Gewalt und religiös gefärbter Sexualität bis zur Überwindung dieser Gewalt und der Befreiung der Sexualität im Zeichen Christi. Hier vermag der Autor unter Einbeziehung der reichen archäologischen Darstellung zu wertvollen Einsichten zu verhelfen.

Leider bricht Baudler seine Darstellung mit Jesus ab - von der Kirche und ihrer Tendenz zu Gewalt, Männer-herrschaft und Verdrängung von Sexualität ist nicht mehr die Rede. Verdienstvoll ist die Analyse der Vorgeschichte gegenwärtiger Verdrängungen in der römisch-katholischen Kirche.

DIE VERLORENE GESCHICHTE DER FRAU. 100.000 Jahre unterschlagene Vergangenheit. Von Hilde Schmölzer. Verlag Edition Tau, Mattersburg 1990. 501 Seiten, öS 448,-. GOTTUNDFRAU.Die Geschichte vonGewalt. Sexualität und Religion. Von Georg Baudler. Kösel Verlag, München 1991. 432 Seiten, öS 374.40.

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