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Himbeerähnlich

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In der Kontroverse zwischen dem deutschen Verfassungsgerichtshofpräsidenten Wolfgang Zeidler und Kardinal Joseph Höffner wird eine Auseinandersetzung auf den Begriff gebracht, die auch hierzulande schwelt: der Schutz des menschlichen Lebens von der Empfängnis an, ebenso aber das Verbot der Tötung auf Verlangen seien ein „konfessionelles Sondergut" der Christen.

Zeidlers Formulierungen von der befruchteten Eizelle als einem „himbeerähnlichen Gebilde" und seine Qualifizierung des Verbots der Tötung auf Verlangen als„nsel der Inhumanität infolge kirchlichen Einflusses auf die Rechtsordnung" zeichneten sich durch besondere Kaltschnäuzigkeit aus. Aber er artikulierte zweifellos eine verbreitete Uberzeugung.

Mit Bestürzung ist zur Kenntnis zu nehmen, daß kaum 40 Jahre nach dem Ende des NS-Wahns und nach der feierlichen Proklamierung der Menschenrechte ein Kardinal Höffner erst wieder daran erinnern muß, daß die generelle Unantastbarkeit des Lebensrechts aller Menschen „keineswegs eine bloß katholische oder christliche Entscheidung" ist.

Als der Schock noch frisch war, standen gemeinsame Grundwerte außer Streit. Heute scheint in einem uferlosen Pluralismus, hinter dem sich oft ein aggressiver Säkularismus verbirgt, die Basis des Zusammenlebens zu zerbröseln.

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