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Horror-Farce

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Oper als Gratwanderung zwischen miesem Kleinbürgeralltag und loderndem Wahnsinn: Alfred Schnittke ist mit seinem Musiktheaterstück „Leben mit einem Idioten” ein Ritual der Entlarvung gelungen, eine zynische Groteske, wie man sie auf der Opernbühne selten erlebt. 1992 wurde das Werk mit sensationellem Erfolg in Amsterdam uraufgeführt, jetzt zeigt die Wiener Kammeroper die Produktion, die auch hier vom legendären Moskauer Kammeroper-Chef und Regisseur Boris Pokrowskij, dem Dirigenten Wladimir P. Siva, den Ausstattern Viktor und Rafael Volski und dem „originalen” Sängererisem-ble-Olga Schalaewa als Frau, Ewgenij Bolutschewskij als „Ich” und Nikolaj Kurpe als Narr Wowa - als beklemmendes Verwirrspiel der Gedanken und Gefühle exekutiert wird.

Schnittke rechnet mit den „Schoßkindern des Schicksals” ab, den großen und kleinen Tyrannen, die auf Staatsebene Nero, Napoleon, Hitler, Stalin heißen, im Kleinformat sich aber ebenso in jeder Famil ie einni sten können. Sein Tyrann ist Wowa, der arme Geisteskranke aus der Irrenanstalt. Wowa mausert sich zum alles-verschlingenden Monster, das seinem Gönner („Ich”) die Frau ausspannt, sie tötet und den ratlosen „Ich” selbst ins Irrenhaus treibt. Eine bitterböse Farce über Mitläufer, Mitmacher, Schergen; eine Farce, die einem das Lachen gefrieren läßt.

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