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Humor und Virtuosität

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(Staatsoper Wien; „La Sylphide" von Auguste Bournonville, bear­beitet von Peter Schaufuss) Für dieses Meisterwerk romantischer Ballettkultur braucht es Zeit, sich an die kindlich-verspielte Choreo­graphie zu gewöhnen, in der die zarte Sylphide in einem riesigen Kamin hochgezogen wird oder hoch über Baumwipfeln erscheint. Mit erstaunlich viel Humor tanzt die junge brillante Brigitte Stadler die Sylphide, auch das Ensemble agiert mit Witz und Charme, wirkt ju­gendlich-kraftvoll, vor allem im gelungenen schottischen Tanz im ersten Akt.

(Monnaie Dance Group, Brüssel) Homogene Zusammenarbeit und Menschlichkeit zeichnet Mark Morris und seine Truppe aus. Der aus den USA stammende Tänzer und Choreograph gibt mit seiner aus 24 Mitgliedern bestehenden Kompanie ein Beispiel für die of­fenherzige und gleichzeitig verin-nerlichte Ausstrahlung des Tanzes. In „ New Love Song Waltzes" (Musik Johannes Brahms) fließen quirlige, verschlungene, immer wieder neu gestaltete Bewegungen dem Zu­schauer förmlich entgegen, blau­schwarze Kleidung vor blauem Hintergrund unterstreicht den Ef­fekt. In „Love Song Waltzes" (eben­falls nach Brahms) setzt Morris den typischen Wiener Walzer-Schritt ein, rot-schwarz gekleidete Tänzer machen die menschlichen Bezie­hungen deutlich.

Morris' Humor triumphiert in „Ten Suggestions" (Musik Alexan­der Tscherepnin): ein hellblauer Sessel, ein Tropenhut und ein Rei­fen als Requisiten dienen Morris -im rosa Seidenpyjama - aus dem Augenblick heraus zur Eingebung und daraus hervorgehenden Bewe­gung.

(Ballett Frankfurt) „In the Midd-le, Somewhat Elevated" (Musik Tom Willems) ist - in ohrenbetäu­bender musikalischer Rhythmik und gleißendem weißem Licht - der Versuch des ebenfalls aus den USA stammenden Choreographen Wil­liam Forsythe, Tanz in seine atom­haften Einzelteile zu zerlegen, aus­zuprobieren, wieder zusammenzu­fügen. Forsythe stellt höchste An­sprüche an die Mitglieder seiner Kompanie, deren starke Persönlich­keiten mit ihrer kraftvollen Tech­nik jede für sich „Tanz" zu ver­deutlichen suchen.

In „Skinny" (Musik Forsythe/ Willems) wird mit dem Zerstörungs­trieb der Menschen in Gestalt eines ausbeuterischen Tourismus abge­rechnet. Während eine schrille Frauenstimme am Mikrophon Ur­laubsträume vorgaukelt, nutzt das in abgerissene Shorts und Hemden gekleidete Ensemble die Weite des Bühnenraumes in einzigartiger Hingebung. Ermüdend und un­durchsichtig „The Vile Parody of Adress" (Musik J. S. Bach), in dem auf dunkler Bühne sich neun Tän­zer gekonnt bewegen.

Während in „Steptext" (Musik J. S. Bach) eine Frau und drei Männer in wechselnden Paarungen virtuos und künstlich zerdehnt dem klassi­schen Ballett nachspüren, verfrem­det und ironisiert „Behind the Chi­na Dogs" (Musik Forsythe) die strenge Form. Vier „Bunnys" und sieben Tänzer in schwarzen Shorts paraphrasieren spielerisch tänze­rische Etüden. „Pretty Ugly" (cho-reographiert von Amanda Miller, Musik Peter Scherer, Arto Lind-say) gibt mitreißend schmissig ein Genrebild aus dem nächtlichen New York wieder.

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