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Im Seltsamen daheim

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Georg Drozdowski hat acht Erzählungen geschrieben, die in mehrfacher Hinsicht „seltsam“ und „merkwürdig“, das heißt wert und würdig sind, gelesen zu werden. 1

In den meisten Geschichten, ganz besonders aber in der Titelgeschichte, geht es darum, daß die vordergründige Wirklichkeit durch ein eigenartiges Erlebnis plötzlich unsicher und fragwürdig wird. Wie in Delirien und Fieberträumen, in Ausnahmezuständen der Paranoia, wird der Held durch Traumreiche geführt. Phantasie wird Wirklichkeit, die Realität aber destabilisiert sich. Manchmal wurde ich beim Lesen an „Der goldene Topf“, wie überhaupt an E. T. A. Hoffmann erinnert.

Die Entgrenzung geht manchmal auch auf deni Wege der Sprache vor sich. In der Erzählung „Die neugierige Pflanze“ etwa führt er von „Juniperus“, dem Wacholder, zu einem Mädchen „Junipera“, die zwar wach, aber nicht hold, den krankhaft in ein Mädchen Resi verliebten Zimmerherrn observiert und auf eine hinterhältige Weise um die schönen Blüten und Metaphern seiner heimlichen Sonette bringt. In Wahrheit ist alles immer ganz anders…

Drozdowski selbst erweist sich in allem als der, den er den Ich- Erzähler sein läßt: „im Seltsamen daheim und dem Absurden ver- schwistert“. Dabei beherrscht ein famoser und kurioser Wortwitz das Buch. Geht Drozdowski auch an das äußerste Ende der deutschen Wortwelt, so übersteigt er nach meinem Gefühl die Grenze zur Verstiegenheit doch in keinem Fall.

Es bleibt Betroffenheit.

SELTSAM, OFFNE DICH! Von Georg Drozdowski. Verlag Johannes Heyn, Kla- genfurt 1983. 120 Seiten, öS 135.—.

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