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Immergültig

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Gelegentlich finden sich in zeit- genössischer Lyrik und Prosa Par- tien, in denen man den Tod als „Blamage" im Schöpfungsplan zu entlarven meint. Auch Potoschnigs „Westdrift", die Fahrt des Toten- schiffs in die westwärts gelegene Todeswüste, ist schwerbeladen mit Trauer über die Endlichkeit, mit der peinigenden Wehmut über Ver- säumnisse, aber das wahre Endziel bleibt doch die Aussöhnung mit der irdischen Sterblichkeit. Denn auch „der Tod will leben", muß leben.

Nur um den Preis des Abdankens können sich die höheren Ideen der Schöpfung evolutionär entfalten. Nur die Einzeller, jenseits der Schwelle des Individuellen, sind unsterblich. Mit der Biorhythmik des Individuums vertraut gewor- den, sind wir auch geöffnet für die „Stirb-Werde-Sequenz", ein Zu- gang zur Allbelebung.

Hier im fünften Abschnitt liegt der Höhepunkt, aber auch die Peri- petie dieses im Ganzen ebenso wie in jedem einzelnen Gedicht durch- geformten Werkes. Denn die biolo- gisch erhärtbare Überzeugung, daß der Tod einer der unabdingbaren Triebkräfte des Weltrades auf dem Weg der Evolution ist, läßt uns erst recht die Grenzen fühlen, an wel- che das Ich-Erlebnis geraten ist. Grenze? Vielleicht nur Schwelle.

In einem wunderbaren Gedicht wird mehr durch grammatikalische Konstruktion als durch Bilder das Gleichgewicht zwischen Skepsis und Zuversicht hergestellt. „Ist alles Mythe und Wahn? / wir sehen uns nie mehr wieder. / Es sei denn, dann."

WESTDRIFT. Von Heinz Pototschnig. Carin- thia Verlag, Klagenfurt 1990.123 Seiten, öS 165,-

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