6828080-1974_23_02.jpg
Digital In Arbeit

Index-Schmäh

Werbung
Werbung
Werbung

Die Bundesregierung, bisher als Motor der inflationistischen Preisentwicklung in Österreich heftig kritisiert, schlägt nun endlich und endgültig hart zurück. Mit der drei-prozentigen Aufwertung des Schilling wurde der erste Kraftakt gesetzt. So sollen vorerst die importierten Rohstoffe, Halb- und Fertigfabrikate spürbar billiger werden. Handelsminister Dr. Staribacher wird in einer Direkt-„Aktion billig“ dafür sorgen, daß die inflationsge-peinigten österreichischen Konsumenten die im Sommer so dringend benötigten Brennstoffe, wie Kohle und Heizöl, um ein paar Prozent billiger beziehen können. Vielleicht wird er auch durchsetzen, daß in den nächsten Monaten die Äpfel, Birnen, Kirschen und Weintrauben billiger werden. Bei soviel Tüchtigkeit ist das keineswegs auszuschließen.

Eines hat die Bundesregierung

(wenn auch spät) nun erkannt: daß im Kampf gegen die Inflation nichts erfolgreicher ist als der Erfolg. Deshalb läßt sie, nun schon den zweiten Monat, knapp vor der Veröffentlichung des Verbraucherpreisindex eine extrem hohe Inflationsrate durchsickern; dann aber — ein Wunder — wird eine weit niedrigere Inflationsrate vom Statistischen Zentralamt bekanntgegeben: im April 9,4 Prozent und für den Mai, da man

wiederum von den auch psycholo^ gisch gefährlichen 10 Inflationsprozenten spricht, werden es „nur“ 9,8 Prozent sein. Der Mai-„Erfolg“ der Regierung war besonders teuer erkauft, nämlich um den Preis der Rücknahme einer von der sozialistischen Fraktion im Wiener Gemeinderat diktierten Spitalsgebührenerhöhung. Da sich diese Gebührener-höhung auf den Mai-Index mit 0,6 Prozent auagewirkt hätte, der Verbraucherpreisindex also 10,4 Prozent betragen hätte, gab sich der sozialistisch dominierte Wiener Gemeinderat stabilitätsbewußt. Jede Wette, daß er dieses Stabilitätsbewußtsein sofort verliert, wenn er die indexsteigernde Erhöhung der Spitalsgebühren als politisch tragbar empfindet. Jede Wette auch, daß die Raucher noch einige Monate Galgenfrist bis zur Erhöhung der im inneren Regierungskreds längst beschlossenen Ziigarettenpreise erhalten. Denn so leicht wird der Ver-braudherpreisindex in den nächsten

Monaten nicht unter der 10-Prozent-Schwelle liegen.

Das alles erinnert an eine Tragikomödie und wenn der Hintergrund nicht so ernst wäre, dann hätte man recht oft Gelegenheit, herzlich zu lachen. Über die Hilflosigkeit, mit der diese Regierung Stabilitätspolitik betreibt, ebenso wie über ihre Einschätzung der Österreicher als wirtschaftüche Volltrottel.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung