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Jüngers Komet

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Im Jahre 1910 sah Emst Jünger, fünfzehnjährig, den Halleyschen Kometen; im Frühling 1986 fuhr er nach Malaysia, um ihn wiederzusehen. Der Standort war für die Beobachtung günstig; der Anblick selbst blieb ohne tiefe Wirkung. „Diesmal schien er mir etwas größer, doch ebenso wenig imponierend wie damals — schweiflos, diffus, etwa wie ein Garnknäuel“, lautet der Bericht.

Der Reise verdanken wir ein Tagebuch, im April und Mai 1986 in Südostasien notiert. Das Denken des Autors richtet sich auf die wesentlichen Fragen der Zeit, damit auf das Menschliche schlechthin. Inmitten des allgemeinen verantwortungslosen Geschwätzes ist Jüngers Haltung, auch seine Sprache erfrischend. Eine Parallele wird erkennbar: So jugendhaft skeptisch, kristallinisch hart und zugleich empfindsam mochte der alte Goethe zur Zeit des maßlosen Tobens des Jungen Deutschland auf das Publikum gewirkt haben.

Es hätte wenig Sinn, an dieser Stelle die eine oder andere Erkenntnis des Autors zu zitieren. Die hundert Druckseiten sind in kurzer Zeit zu lesen. Wichtiger ist, daß hier ein Schriftsteller deutscher Zunge zeigt, wie unsere Literatur heute sein könnte: vorurteilslos, gewachsene Kultur mit der Gegenwart verbindend, in die Zukunft spähend, geistig anspruchsvoll und dennoch - oder gerade dadurch — heiter.

ZWEI MAL HALLEY. Von Emst Jünger. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 1987. 100 Seiten, Ln, öS 171,-,

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