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Kein Marchen

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Es war einmal ein Märchenland, besser gesagt ein Land, daß durch die Märchen eines berühmten Dichters beliebt geworden ist. Es soll auch heute noch dort Und in seinen Nachbarländern Märchen geben, Märchen von guten Feen und bösen Steuereintreibern, aber auch Märchen, die nur dem Fremden als solche erscheinen und in Wirklichkeit gar keine sind. Im Lande Andersens also war es, daß wieder einmal die Steuern und damit die Benzinpreise erhöht wurden, denn ganz ohne Steuern geht's auch im Märchenland nicht ab. Nun lagen die neuen Preise enheblich über den alten, 1,80 Schilling fast pro Liter. Die Dänen brummten und nahmen's zur Kenntnis. Die Tankstellen aber waren noch voll von billigem Benzin — und nun kommt des Märchens erster Teil: Sie verkauften, was sie zum alten Preis eingekauft hatten, auch zum alten Preis an den Konsumenten weiter. Solange der Vorrat reichte, und niemand kam noch kurz vor Mitternacht mit Kanistern, Milchkannen und Bierflaschen, um das teurer werdende Naß noch zum alten Preis zu hamstern.

Des Märchens zweiter Teil aber kommt dem gelernten Österreicher noch viel märchenhafter vor: Vier Tage später hielt der Reisende mit leerem Tank an der Zapfsäule. Und tankte — zum alten Preis. Die Lager waren noch nicht aufgebraucht. 96 Stunden nach dem Stichtag, in denen jeder Däne Zeit gehabt hätte, alle Behälter anzufüllen. Sie taten es nicht. Sie tankten, so viel sie gerade brauchten. Kein Märchen, sondern die Wirklichkeit. Wie hieß es einst in jenem vielgespielten Film? „Gut geht's den Dänen, und denen Dänen nahestehen ...

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