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Kindsein im Mittelalter

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Gab es eine glückliche Kindheit im Mittelalter? Welchen Stellenwert hatte die Kindheit im Rahmen der gesellschaftlichen Ordnung dieser Zeit? Diese Fragen sucht die in Tel Aviv lebende Mittelalter-Historikerin Shu-larrtith Shahar in ihrem Buch „Kindheit im Mittelalter" zu antworten, das erst 1990 im hebräischen Original erschienen war und nun von Barbara Brumm nach der autorisierten englischen Übersetzung ins Deutsche übertragen wurde.

Inmitten des nach wie vor anhaltenden Mittelalter-Booms, der die skurrilsten Produktionen auf dem Medienmarkt hervorbringt, wundert es, daß sich bisher kaum jemand für dieses Thema interessierte. Die Autorin selbst stieß darauf im Rahmen ihrer Beschäftigung mit der Geschichte der Frau im Mittelalter.

Shulamith Shahar kommt durch profunde Kenntnis der lateinischen, arabischen und natürlich hebräischen Quellen zu einer Fülle von sorgfältig belegten historischen Details, die konkrete Aussagen über die gelebte Kindheit im Mittelalter zulassen. „Die Einstellung zur Zeugung" sowie „das Bild des Kindes in der Kultur", „die Geburt", „Das Stillen", „Kindsaussetzung, Kindsmord und Unfälle", „Krankheit und Verwaisung", „Erziehung für Kirche und Kloster" und so weiter werden als Themen behandelt.

Der Autorin gelingt es auch mit dieser Studie, zumindest die Theorie über eine Gesellschaft ohne Verhältnis zur Kindheit zu erschüttern, wenn auch die Kindheit keineswegs sosehr im - geschäftlichen - Mittelpunkt der Kultur stand wie in manchen Gesellschaften der Gegenwart.

Tatsächlich aber bietet Shahar eine Kulturgeschichte des Mittelaters aus der Perspektive der Kindheit: Dieser Blickwinkel verleiht dem Buch seinen Reiz und seine ungeheure Lebendigkeit. Als wahre Fundgrube entpuppen sich die Anmerkungen, die ein Viertel des Werkes umfassen.

KINDHEIT IM MITTELALTER. Von Shulamith Shahar. Deutsch von Barbara Brumm. Artemis und Winkler Verlag, München 1991. 390 Seiten, öS 374,40.

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