War Thomas Müntzer (um 1490- 1525) ein Sozialrevolutionär, der für den „gemeinen Mann“ um eine bessere gesellschaftliche Zukunft mit dem Schwert kämpfte, oder war er der mystische Theologe und Apoka- lyptiker, der sich berufen fühlte, das Reich Gottes auf Erden zu errichten? DiemeistenBiographenbe- antworteten diese Kernfrage entweder so, daß sie - wie die Marxisten - nur den Sozialrevolutionär sehen wollten, oder so, daß sie unter Vernachlässigung der gesellschaftlichen Spannungen, sozialen Auseinandersetzungen und Krisenerscheinungen allein die theologischen Gedanken des Predigers betonten.
Hans-Jürgen Goertz löst die Alternative mit der plausiblen These auf, Müntzer selbst habe nicht zwischen religiösen und säkularen Zielen getrennt. Die Argumente, mit denen Müntzer sein Selbstverständnis als „Knecht Gottes“ begründete, waren dieselben, die ihn zum Kampf gegen die bestehenden Herrschaftsverhältnisse führten.
Neben dieser These bietet Goertz eine historisch genaue, kritische Darstellung von Müntzers Werdegang bis zu seiner Hinrichtung. Die spannend und flüssig geschriebene Biographie wird zudem auch wissenschaftlichen Anforderungen gerecht.
THOMAS MÜNTZER: Mystiker, Apokalypti- ker, Revolutionär. Von Hans-Jürgen Goertz.Verlag C H. Beck, München 1969. 216 Seiten, öS 265,20.
