„Höllendoktor des Materialismus, Professor des Verbrechens, Evangelist des Bösen", aber auch den „göttlichen Marquis" hat man ihn genannt: den Schriftsteller und (selbsternannten) Philosophen Donatien-Aldonze-Fran9ois Marquis de Sade (1740-1814) - bekannt als einer der umstrittensten Autoren des 18. Jahrhunderts, dessen Werk an Kälte und Konsequenz nichts zu wünschen übrig läßt.
Der französische Herausgeber der Werke de Sades (aber auch Andre Gides, Jean Cocteaus und anderer frankophoner Poeten des 20. Jahrhunderts), Jean-Jacques Pauvert, wagt hier eine Biographie, die gegenüber den bisher vorliegenden vor allem durch Reichtum an benutzten und verarbeiteten Quellen besticht. Minutiös werden in zwei Bänden auf mehr als 1.300 Seiten Leben und Werk des „göttlichen Marquis", aber auch seine Stellung im französischen Geistesleben seiner Zeit dargestellt. Obwohl der Autor sichtlich um sachliche Darstellung bemüht ist, gelingt ihm eine ehrliche Kritik nicht so recht.
Das kann von einem Autor wie Pauvert, der sein Leben an verschiedene de Sade-Ausgaben verschwendet, auch nicht wirklich erwartet werden. So überwiegt doch die Zitation unendlicher vieler Passagen aus Briefen, Zeugnissen, Manuskripten, deren kritische Sichtung und Würdigung erst noch aussteht. Angesichts der nicht ungefährlichen Verherrlichung gewisser Züge an de Sade dürfte die Kritik zumindest dort nicht schweigen, wo es um Würde und Rechte des Menschen geht.
Die deutsche Ausgabe wurde gegenüber der französischen erheblich gekürzt, dafür aber um zahlreiche Bilder vermehrt, auch das Register verleiht dem Ganzen eine gewisse Geschlossenheit.
DER GÖTTLICHE MARQUIS. Leben und Werk des Donatien-Aldonze-Francois de Sade. Von Jean-Jacques Pauvert. List Verlag, München 1991. 2 Bände, 1.362 Seiten, öS 998,40.
