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„Kopf hoch, Mensch“

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Der menschliche Kopf ist keine sehr glückliche Konstruktion. Sein größter Fehler ist, daß er so sichtbar ist. Dies wäre an sich nicht so schlimm, wenn man nicht allgemein wüßte, daß in jedem Kopf in der Regel ein Gehirn sitzt.

Die arrogante Zurschaustellung des Kopfes, also auch des Hirns, provoziert viele rechtschaffene Zeitgenossen, darunter auch manche linksschaffende.

Mit Recht. Man soll mit seinem Gehirn nicht angeben - man läuft ja auch nicht mit einem Rembrandt unter dem Arm durch die Straßen, um zu zeigen, daß man einen besitzt. Ist dagegen der Kopf leer, ist es eine Hochstapelei, ihn vorzuzeigen.

Jedermann wird uns sagen „Kopf hoch, Mensch“, wenn man aber den Rat befolgt, wird man für hochnäsig gehalten. Konnte man unser Hirn nicht irgendwo bescheiden im Leibesinneren verstecken? Mußte man ihm in Form des Kopfes einen so auffällig provozierenden Schrein bauen? Ich glaube, daß es Saurier gab, die ihr Hirn irgendwo im Hinterteil hatten; aber auch sie sind ausgestorben - wahrscheinlich deshalb, weil sie doch ein Hirn besaßen, wenn auch ein kleines.

Ein Kopfbesitzer, selbst ein zweiäugiger, ist unter Kopflosen kein König, sondern ein Feind, eine ewige Herausforderung. Kopflose haben es bequemer. Sie kommen im Leben durch jeden Engpaß, jedes kleine Loch leichter durch, da ihnen keine Gefahr droht, am Kopf hängen zu bleiben.

Da man rein optisch die Kopflosen nicht gleich erkennen kann, hier das Erkennungszeichen: Es sind diejenigen, denen ihr Kopf nie Kopfschmerzen verursachte.

Die Kopflosen werden selbst in totalitären Staaten gern geduldet, obwohl sie doch dem Staat die Ausübung seines Hinrichtungsprivilegs erschweren. Aber - Köpfe, die nur formelle Funktionen erfüllen, werden selten abgehackt, eigentlich nur aus Versehen.

Wer noch immer seinen Kopf haben will, muß ihn - und die Konsequenzen - selbst tragen.

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