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Langweiliger Voltaire

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Wenn ein Spätaufklärer über einen Frühaufklärer schreibt, muß nicht immer ein spannendes Buch dabei herauskommen. Alfred Ayers Voltaire-Biographie ist eher langweilig geraten. Ayer doziert über Voltaire und setzt sich mit ihm kaum auseinander, sosehr ist auch er von einem fraglosen Glauben an Vernunft, Wissenschaft und Antireligiosität geleitet.

Dabei fallen nicht allein wesentliche Nuancen des Voltaireschen Denkens unter den Tisch. Die seitenlangen Zitate aus den Werken des großen Franzosen werden nur durch Kurzkommentare eher trockenen Inhaltes aufgelockert; ironische Distanz, die dem Werk Voltaires so angemessen gewesen wäre, fehlt völlig.

So gerät das Buch äußerst papieren. Der farbige Zeithintergrund des 18. Jahrhunderts mit seiner Neigung zu Intrige, galanter Komödie und manchmal ins Absurde geratenem politischem Ränkespiel bleibt ebenso verborgen wie Voltaires Esprit. Eine trockene Nacherzählung beispielsweise ersetzt eine Auseinandersetzung mit dem „Candi-de“, Voltaires sehr differenzierte Stellung zur Kirche beschränkt Ayer auf eine Anklage gegen religiöse Intoleranz, und die Nachweise, wie viel Voltaire der englischen Tradition der Philosophie verdankt, werden in allzu rechthaberischem Ton vorgetragen.

So bleibt eher ein schulmeisterliches Aufrechnen der Voltaireschen Brillanz nach dem Schema „richtig“ oder „falsch“.

VOLTAIRE. Von Alfred Ayer. Athenäum-Verlag, Frankfurt 1987. 215 Seiten, geb., öS 297,-.

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