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Leben Barbarossas

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Nach chauvinistischen Mißgriffen des Nationalismus und den Verzerrungen der Re-education scheint der Staufenkaiser Friedrich I. nunmehr einer eher nüchternen Deutung ausgesetzt. Die Biographien von Franco Cardini und Emst W. Wies dokumentieren die tragische Spannung der Ära Barbarossas (1152-1190): eine politik- undmilitär-historische Betrachtungsweise, die freilich allzuleicht über die geistige Dynamik des sakralen mittelalterlichen Herrschertums hinweggleitet.

Größe und Versagen Friedrichs I. müßte wohl am abendländisch-universalistischen Anspruch des Heiligen Römischen Reiches gemessen werden: an der politischen Notwendigkeit zur Integration der aufblühenden oberita-lienischen Kommunen, wie sie Cardini in den Mittelpunkt rückt. Zum anderen bedeutete die religiöse Funktion des Imperiums auch die Verquickung in mehr oder weniger fruchtlose inner-kirchl iche Querelen und Dogmenkämpfe ebenso wie die Verpflichtung, sich byzantinischen und islamischen Einflußsphären entgegenzustemmen.

Barbarossa stellte sich den Anforderungen, die an die Grenzen seiner diplomatischen und strategischen Möglichkeiten reichten, mit äußerster Entschlossenheit, Härte und einer bisweilen zu starren Rechtlichkeit: Die Folgen waren ein deutlicher Stabilitätsverlust im deutschen Kernland und das Aufkommen feudaler Riyalitäten, die wiederum den Machtkampf mit dem Papsttum negativ beeinflußten.

Ubereinstimmung und Friktion zwischen Reichs- und europäischen Interessen zur Zeit des Staufers erklären zum Teil das Kolossale seines Eindrucks im Pfad der Geschichte. Mit Sicherheit werden die vorliegenden Lebensbilder zu einer Remythologisie-rung, das heißt einer kulturellen Würdigung der Figur Friedrichs führen.

FRIEDRICH I. BARBAROSSA. Kaiser des Abendlandes. Von Franco Guardini. Verlag Styria, Graz/Wien/Köln 1990. 291 Seiten, öS 350,-.

KAISER FRIEDRICH BARBAROSSA. Mythos und Wirklichkeit. Von Emst W. Wies. Bechtle Verlag, Esslingen/München 1990. 368 Seiten, öS 310,40.

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