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Lebensabenteuer

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Zwanzig Jahre nach Hofmanns- thals Jugendphase hat sich in dem Kärntner Dorf Moosburg Vergleich- bares ereignet: In einem 17jährigen verbanden sich Spürsinn für das Musikalische in der Sprache und ein hochsensibles Organ für Rhyth- mik mit elementarer Anschauungs- kraft, um mystische Zusammenhän- ge bildhaft darzustellen. Das Phä- nomen der Inspiration, mag man es auch heute aus Vorsicht gegenüber allzu aufdringlichen Irrationalis- mus abtun, es bleibt das Rätsel des Genialischen, das die frühen Ge- dichte des Kärntners Johannes Lindner umgibt: Überraschender- weise war daher der Erscheinungs- ort seines ersten Gedichtbandes 1920 in Berlin. Trotz des Erfolges kam es zu keiner weiteren Veröf- fentlichung. Denn die Beziehung des Reifenden zu seiner „Präexi- stenz" gestaltete sich überaus schwierig.

Wie nun in einem langen Leben und in extrem veränderten Welt- verhältnissen dieses merkwürdige Feindschaftsverhältnis zum Irratio- nalen, dessen Medium der junge Lindner gewesen ist, durchge- kämpft, überwunden und schließ- lich in Produktivkraft umgesetzt wird, dies ist das geistige Abenteu- er dieses Buches. Sein Aufbau stellt insofern etwas ganz Neues dar, als Kurt Adel jedem Gedicht kommen- tierende Briefzitate Lindners an- fügt und so das Buch in Essays gliedert, deren Kern jeweils ein Ge- dicht oder eine Gedichtgruppe ist.

Die Aussöhnung des selbstkriti- schen Dichters mit dem, was ihm zuweilen als jugendlicher Unfug erschien, brachte ihm mit 80 eine schöpferische Phase ein, die hin- sichtlich der Intensität durchaus seiner Jugend vergleichbar ist, die- se aber durch die Weite des geisti- gen Umblicks noch übertrifft.

DAS DICHTERISCHE WERK. Von Johannes Lindner. Herausgegeben von Kurt Adel. Brau- müller Verlag, Wien 1990.511 Seiten, öS 480,-.

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