Ob es jemals Schüler gegeben hat, die keine Angst vor Prüfungen hatten? Für die das Wort Lernen keine unangenehmen Assoziationen hervorruft? In den 112 Waldorf-Schulen in- und außerhalb Europas sind solche Schüler keine Ausnahme. Der Pädagoge Rudolf Steiner hat mit der Schöpfung dieses Schulmodells 1919 Weitblick bewiesen. Die Kreativität als erforderliche Lemgrund- lage für das ganze Leben, die beim Kleinkind beginnen soll, wird heute von allen Psychologen und Pädagogen zu jeder passenden Gelegenheit zitiert. Nicht All-Wissen ist das wesentliche, sondern die Voraussetzungen zur notwendigen Auseinandersetzung mit der sich ständig wandelnden Realität. Dem Schüler als Einheit von Körper, Seele und Geist vermitteln dazu speziell aus- gebildete Lehrer die psychische und geistige Hilfe und ein breites Basis-Wissen in allen Bereichen. Das Steinersche Modell, das der Hörfunk in der Sendung „Lernen ohne Angst“ auf ö 1 näherbrachte, baut auf Goethes Bildungsideal auf. Daß es sich in einem funktionell ausgerichteten Bildungs- und Gesellschaftssystem nicht durchsetzen kann, darf die Leiter der Waldorfschulen nicht wundem. Dazu bedürfte es mehr als die Heranbildung kleiner Schülergruppen.