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In der Musik hat man es immerhin soweit gebracht, für die Durchdringu ????g von Motiven eine Disziplin als handwerkliche Hilfe des Künstlers zu· entwickeln: den Kontrapunkt. Der Wortkünstler ist weitgehend auf sich selber angewiesen, will er sich eine zeitgemäße Technik der Motivdurchdringung schaffen. Alfred Gesswein (19P- 1983) ist dies gelungen.

In dem von Alois Vogel entworfe- . nen Cparakterbild, das diesen Gectichte ???? '3.'llS dem Nachlaff vorange- ' · stellt ist, wird wieder bewußt gemacht, wie viele auseinanderstrebende Kräfte hier in Wechselbezug gebracht worden sind: Hier das dichte 'Netz städtischer Kulturbeziehung, dort das weite Land, das „aufgerollte Pergament der Ebenen", des Marchfelds, der ungarischen Pforte. Trotz seines wieneri:.. sehen Epikuräismus verdrängte der aus einem ungarischen Steppenort an der Donau stammende Autor niemals, was „dieser Schinken" denen kostet, die ihn niemals kosten werden. Der Dialog mit Tieren ist für ihn eine bessere Vorschule zum Humanismus als die Massenmedien. Besonders gechätzt sind aber seine Gedichte, in denen sich Ironie und Mythos wechselseitig spiegeln. Einen Avantgarde-Erfolg erzielte der Dichter mit seinen Mundartgedichten. Welche Bedeu- . tung Gesswein hier zukommt, wird von Alb'ertJ anetschek überzeugend herausgearbeitet.

Alles in allem: ein bedeutsamer Nacl!klang. von Gessweins Schaffen. Schade, daß die finanziellen Mittel nicht ausreichen, ihn als Doppelbegabung zu zeigen, als Graphiker und Mp.ler, von dessen anspringender Anschauungskraft die Gedichte .; auch hier an der Schwelle des ·Todes - Zeugnis ablegen.

GEDICHTE AUS DEM NACHLASS. Von Alfred Gesswein. Weilburg Verlag, Wiener Neustadt 1990. 90 Seiten, öS 98,-.

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