6826007-1974_12_10.jpg
Digital In Arbeit

Macht

Werbung
Werbung
Werbung

Zu seinem neuesten Opus, dem während der deutschen Besetzung Frankreichs spielenden „Lacombe Luden“, sagt der Regisseur-Autor Louis Malle („Zazie in der Metro“, „Privatleben“, „Viva Maria!“, „Herz-flimmem“ u. a.) den Schlüsselsatz: „Es kam uns darauf an, daß die Geschichte des Jungen Lucien auch ebensogut eine Geschichte eines heutigen Jungen sein kann, egal, in welchem Land er lebt.“ Dieser Aspekt ist der faszinierendste in diesem — wie die französische Presse, die es wohl wissen müßte, urteilt — „ersten richtigen und ersten wahren Film über die Okkupation“ und „hinreißendsten und besten französischen Film seit zehn Jahren“. Wohl selten wurde menschlichem Handeln so tief und wahrhaftig in die tiefsten Abgründe geleuchtet wie hier: die Geschichte dieses primitiv-ungebildeten 17jährigen Bauernburschen, der durch seine Tätigkeit bei der Polizei erschreckende Macht über andere Menschen erhält, folgerichtig dieser Faszination eines Herrschafts-rausches erliegt, ist eine menschliche Studie, deren Wahrheitsgehalt wir tagtäglich begegnen können (im Leben und in den Zeitungsnachrichten). Doch wäre es ungerecht, die bewundernswerte Durchleuchtung der Hauptgestalt allein zu loben, die genaue Beobachtung und Wiedergabe menschlicher Verhaltensweise erstreckt sich bis in die kleinste Nebenrolle, vom unterdrückten Opfer, das — die Grenzen seiner Demütigungskraft überschritten habend — durch einen Akt verzweifelter Auflehnung das unerträglich gewordene Schicksal herausfordert, sich selbst bewußt zerstörend, his zur letzten Randfigur, die immer noch einem Menschen in seiner Ganzheit Plastizität verleiht. Ein wahrhaft bedeutender Film.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung