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Märchen — neu erzählt

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Oh Ihr Gläubigen an die Wunder des Films — aber auch Ihr Ungläubigen, die Ihr Euch bekehren lassen solltet und wendet, wenn Ihr dies Zauberwerk optischer Illusionen gesehen habt: beim Barte des Propheten, wo gibt es sonst so herrliche Märchen und phantastische Abenteuer zu bewundern wie „Sindbads gefährliche Abenteuer“? Habt Ihr schon des kühnen Kapitäns furchtbaren Schwertkampf mit einer sechsarmigen lebenden Bronzegöttin erlebt? Saht Ihr je den schrecklichen Kampf zwischen einem einäugigen Zentauren und dem Märchenvogel Greif mit seinen Flügeln, Adlerschnabel und Löwenkörper? Und schaudert vor dem Blendwerk des bösen Zauberprinzen, der mit seinem handgroßen fliegenden Homuncu-loiden in fremde Gemächer dringt und alles belauscht und erfährt, was es an Geheimnissen im Sagenreich aus 1001 Nacht zu berichten gibt... ? Dafür, meine Freunde, nehmt dann in Kauf, daß die lebenden Menschen ein wenig langweilig, steif und hölzern sind und die Geschichte ein wenig oft erzählt wirkt. Wenn Ihr dies überseht und Euch an die Wundertricks von Ray Harryhausen und seinem Dynarama-Verfahren haltet, werdet Ihr eineinhalb Stunden lang köstliche Vergnügen paradiesischer Illusionen genießen — so Ihr auch den naiven Glauben und kindliches Gemüt mitbringt...

Von Richard Lesters neuer Version der „Drei Musketiere“ nach Dumas Pere läßt sich leider nicht in so blumenreicher Sprache berichten: die Idee, mit Athos, Porthos, Aramis und d'Artagnan dasselbe zu machen wie einst mit George, John, Paul und Ringo, nämlich absurde Hintergründigkeiben, wäre zu verlockend und gut — wenn nicht dagegen ein Produzent stünde, der mit acht Millionen zusammengekratzter Dollar aus der gleichen Geschichte einen gewaltigen Monsterfilm mit pompösen Bauten, prächtigen Landschaften und einer bunt zusammengewürfelten Herde internationaler Stars machen wollte; und so steht nun nicht „Einer für alle, alle für einen“, sondern Regisseur gegen Produzenten und das Ergebnis ist eine stellenweise überaus amüsante, im Grundkonzept köstliche Persiflage (mit Entheroisierung von Mythen wie Eleganz der Degenkämpfe, Fairneß, Chevaliertum der Gascogner usw.) mit zelebrierten Einzelauftritten großer Stars und erbärmlicher Photographie.

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