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Magenkrank

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Ein magenkranker Chauffeur Fährt seinen opernliebenden Chef durch Deutschland. Die beiden reden zwar kaum miteinander, zwischen ihnen herrscht jedoch ein „stillschweigendes Vertrauen“. Die Ehe des Chauffeurs sieht so aus, wie man sie aus sozialkritischen Kolportageromanen kennt: die Frau ist fleißig, aber frustriert, der Mann sieht sie kaum, die beiden haben einander nichts Wesentliches mitzuteilen. Mit den Kindern gibt es Probleme. Lediglich das „Liebesleben verschafft ihm ein Wohlgefühl“.

Martin Walser hat in seinem Roman „Seelenarbeit“ versucht, das Psychogramm eines Kleinbürgers zu zeichnen. Die Ängste, die Sehnsüchte, die Resignation eines kleinen Angestellten wollte er beschreiben. Gekonnt stellt er allerdings nur das großbürgerliche Milieu dar: die Villa des Chefs, die Liebe zur Oper und zu guten Restaurants.

Das Psychogramm jedoch mißlingt, degneriert zu einer oberflächlichen, mit Klischees überfrachteten Fiktion, zu einer voy-eurhaften Schilderung von Banalitäten. Der Roman bietet nur Material: ungeformte, krude Wirklichkeit neben ausufernden pu-bertären Phantasien. Mehr nicht. Fast nie hat man das Gefühl, überrascht zu werden, etwas Neues zu lesen. Die Handlung schleppt sich dahin: Das Ende ist vom Anfang an vorgezeichnet, schematisch. Walser hat ein dünnes, klischeehaftes, formal schlechtes Buch geschrieben.

SEELENARBEIT. Roman von Martin Walser, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main. 1979, öS 227,50. ,

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