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Mann ohne Vorurteil

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Die Epoche der Aufklärung erfreut sich gegenwärtig offenbar eines besonderen Interesses. Dolf Lindner, langjähriger Kulturchef des ORF, hat einer der wichtigsten Gestalten der österreichischen Aufklärung, Joseph von Sonnenfels, eine Monographie gewidmet, die sich bemüht, alfe Facetten dieses auf vielfältigen Gebieten tätigen Mannes einzufangen.

Mit viel Sympathie zeichnet Lindner das Bild eines Mannes, der, aus dem Getto von Nikolsburg gebürtig, gleichsam eine Spitzenkarriere macht: Professor für politische Wissenschaft, Rektor der Wiener Universität, Publizist, Initiator der Abschaffung der Folter, Berater dreier Monarchen, Freimaurer, Humanist, Reformator von Polizei und Gesundheitswesen, ist Sonnenfels in einer Vielzahl von Tätigkeiten verwickelt.

Sein Kampf gegen das Wiener Volkstheater, gegen Stegreifkomödie und Hanswurst wird von Lindner ebenso detailliert dargestellt wie seine Tätigkeit als Freimaurer und sein Verhältnis zu Joseph II. oder Leopold II., der ihm zwar großes Talent zuerkennt, aber auch vorwirft, sich selbst allzuviel zu rühmen und in den Vordergrund zu stellen.

Geschickt läßt Lindner Sonnenfels in längeren Zitaten immer wieder selbst zu Wort kommen, ebenso wie er ihn im Spiegel zeitgenössischer Berichte erscheinen läßt. Eine gelungene und fesselnde Biographie, die allerdings die Schattenseiten dieses wendigen Propagandisten der Aufklärung weitgehend zugunsten eines strahlenden Bildes unterschlägt.

DER MANN OHNE VORURTEILE. Joseph von Sonnenfels. Von Dolf Lindner, österreichischer Bundesverlag, Wien 1983. 212 Seiten, geb., öS 248,-.

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