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Marionetten-Lehen

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Der polnische Theaterregisseur und Begründer des „Teatr Cri- cot“, Tadeusz Kantor, erarbeitete für die Documenta 8 „Die Liebes- und Todesmaschine“, eine „Cri- cotage mit Puppen, Skulpturen, O bjekten und Maschinerie“: „Der Tod Tintagiles“‘ (nach Maurice Maeterlinck). Tadeusz Kantor führte ein Marionettentheater vor mit dem Thronprätendenten Tintagiles, seinen beiden Schwestern Ygraine und Beilagere sowie dem Haushofmeister Aglovale als lebensgroße Holzmarionetten, die von schwarzgekleideten Dienern auf fahrbare Stühle gesetzt werden.

Die Königin fürchtet die Thronansprüche Tintagiles’, sie setzt ihre Dienerinnen gegen Tintagiles und seine Schwestern ein. Die Supermarionetten waren Figuren aus Holz und Blech, sie bewegten ihre dreieckigen Blecharme im abgehackten Rhythmus.

Ein halbes Jahrhundert später, 1987, hat sich Tintagiles in einen Hirtenknaben verwandelt. Er besteigt ein hohes Eisengestell, das mit einem Pferdekopf ausgestattet ist. Zwei Totengräber schieben dieses Pferdegestell im Kreis um die Supermarionetten. Im entgegengesetzten Uhrzeigersinn ziehen drei schwarzgekleidete Hexen ein flaches Holzbett, auf dem Tintagiles’ Kindbraut im Hochzeitskleid liegt. Wenn sich Braut und Bräutigam in ihren Kreisbewegungen treffen, begegnen sich sehnsuchtsvoll ihre Blik- ke, aber es gibt kein Innehalten in diesem Kreislauf.

Die Unmittelbarkeit und das hohe Spannungsniveau von Kantors „Theater des Todes“ wurde in dieser Darbietung leider nicht erreicht.

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