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Mediokres Leben, rätselhafter Tod

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„Sandro, Sandro, ich bin unfähig, Zar zu sein!", klagte Nikolaus Alexan-drowitsch 1894 seinem Cousin und Spielgefährten, als er erfuhr, daß er die Thronfolge antreten mußte. Der Durchschnittsmensch Nikolaus war tatsächlich seiner Position nicht gewachsen und bezahlte diese politische Unfähigkeit schließlich mit dem Leben. Er initiierte nie die Ereignisse, sondern ließ sie auf sich zukommen, bis er von ihnen überrannt wurde.

Das Bild dieser tragischen Herrscherfigur und seiner Zeit zeichnet der Franzose Marc Ferro in einer lesbaren und ausgewogenen Biografie. Er schildert vor allem Nikolaus' Regierungszeit, während der der traditionalistische Monarch seine unumschränkte Macht behalten wollte, ohne auf die Zeichen der Zeit zu achten.

Das letzte Kapitel widmet Ferro den rätselhaften Vorgängen rund um den Tod des Zaren. Das Thema war in neueren Publikationen in den letzten Jahren aufgegriffen worden. Wurde nur Nikolaus erschossen, oder seine ganze Familie? Gelang Anastasia die Flucht? Der Autor favorisiert die „unzulässige" Hypothese, derzufolge die Bolschewiken den Zaren ermordeten, jedoch die Zarin und ihre Töchter verschonten, um den Deutschen entgegenzukommen. Nikolaus' Gemahlin war eine geborene Prinzessin von Hessen-Darmstadt. Ihr Tod hätte, wäre er zugegeben worden, dem Frieden von Brest-Litowsk ein Ende bereitet.

NIKOLAUS II. Der letzte Zar. Eine Biographie. Von Marc Ferro. Aus dem Französischen von Guy Montag und Eva-Liselotte Schmid. Benziger, Zürich. 362 Seiten mit 12 Abbildungen, öS 255,80.

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