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Digital In Arbeit

Mißtrauen zum Prinzip erhoben

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Teuflisch, diese Computer: Heimtückisch killen sie Arbeitsplätze, hinterfotzig wühlen sie sich durch die Intimsphäre, und irgendwann einmal übernehmen sie auch die Weltherrschaft.

Es gehört wohl zu den Attitüden des Österreichers, das Mißtrauen und die Ablehnung zum Prinzip zu erheben. Er beschwört den Überwachungsstaat, übersieht dabei aber geflissentlich, daß ohne EDV weder die Ausgleichszulage ausgezahlt noch irgendein Wählerverzeichnis erstellt werden könnte.

Ohne große Datenbanken wäre das Sozialwesen unsozial, weil

unüberblickbar; ohne Computer gäbe es die moderne Medizin nicht, weil das erforschte Wissen längst unübersehbar wurde.

Mehr noch: In den Büros privater Firmen müßten nerventötende Arbeiten — vom Pickerlschreiben bis hin zur Monatsbilanz -vom Menschen erledigt werden. Und genau das aber ist entwürdigend: Was die Maschine mit größerer Präzision und Genauigkeit erledigen kann, das soll sie tun. Zumal sie dem denkenden Individuum Zeit gibt, sich dem Wesentlichen zu widmen — zu denken und sinnvoll zu handeln.

Gewiß: Durch Verknüpfung von Datenbanken ergeben sich neue Erkenntnisse. Etwa daß ein Bürger, der dem Finanzamt Geld schuldet, Kredite aufnimmt, die er nicht zurückzahlt, und nebst-bei ein riesiges Haus betreibt, das durch Schwarzgelder finanziert wurde.

Mag sein, daß in geheimen Datenbanken auch Geisteskranke und Aids-Träger gespeichert sind.

Aber das Szenario hat immer zwei Seiten. Die eine: Ein Lehrer wird der vorgeschriebenen ärztlichen Untersuchung unterzogen; dabei wird festgestellt, daß er Träger des Aids-Virus ist, ohne vorerst an der eigentlichen Immunschwäche erkrankt zu sein. Ihm wird - nach heutiger Praxis (etwa im Bundesland Wien) -ohne Angabe von Gründen die Ausübung des Lehrberufs verboten.

Die andere Seite: Die im Computer gespeicherten Daten über diesen Lehrer werden absolut geheimgehalten und ihm wird die Ausübung des Lehrberufes erlaubt.

Wie würde die Demokratie in diesem (dokumentierten) Fall, der kein Einzelfall ist, entscheiden?

Oer Autor ist Autor und Vertriebsleiter des „Profil“ sowie ÖVP-Landtagsabgeord-neter und Gemeinderat in Wien.

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