Claudio Abbados Festkonzert für „Wien modern" ist jedes Jahr wieder der Höhepunkt dieses Paradefestivals neuer Musik. Abbado versteht es, sein Publikum mit dem Gustav-Mahler-Jugendorchester geradezu in einen magischen Bann zu ziehen. Sein Enthusiasmus und der Feuereifer der jungen Musiker, die sich selbst mit höchst schwierigen Werken überzeugend auseinandersetzen, wirkt Wunder: Die Zuhörer folgen sogar bei so extremen Werken wie Iannis Xenakis messerscharf attackierendem Stück „Kekrops" (1986).
Im Mittelpunkt des Abends stand die Uraufführung von Paolo Perezza-nis „Frühling der Seele" (Erster Preis des Wiener Internationalen Kompositionswettbewerbs 1992): ein reizvoll schimmerndes, abwechslungsreiches Stück, dessen Gestalt sich wie ein Vexierbild verändert. Eine eigene Sprache hat Perezzani aber noch nicht gefunden. Da wirkten die „Klassiker" - wie Luigi Dallapiccolas „Kleine Nachtmusik" (1954) oder Hans Werner Henzes „Boulevard Solitude"-Zwischenspiel (1953) und „Mänaden-jagd" (1965) - weit überlegen.