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Mit Heiligenschein

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In Thornton Wilders „Unsere kleine Stadt“ verhautet der Spielleiter an einer Stelle, wenn überhaupt irgendwer das Leben zu ergründen vermöge, dann die Heiligen und die Dichter — ein wenig.

Unter diesem Motto hat Walter Nigg Heiligenporträts (u. a. Augustinus, Albertus Magnus, Thomas von Aquin, Hildegard von Bingen) zusammen mit Dichterporträts in einen Band gebracht.

Die Gründe, weshalb der bekannte Schweizer Hagiograph sich nicht nur mit Gestalten des christlichen, sondern auch dęs literarischen Lebens beschäftigt, liegen in der Persönlichkeit des Autors und seiner Liebe zur Dichtung.

Leider ist allerdings diese Liebe ziemlich schwärmerisch („Wenn ich in meinem Fauteuil sitze und mit meiner geliebten Dichtung lautlose, vertrauliche Gespräche führe, so gehört das zu den schönsten Stunden meines Lebens“, usw.) und schützt Nigg gelegentlich zu wenig vor der Banalität („Sprache ist nie bloße Grammatik, doch gehört Grammatik selbstverständlich zur Sprache“, usw.) und vor der allzu innigen Phrase („Dichter lieben heißt Sendboten Gottes lieben, die zu den höchsten Menschengattungen zählen, die es gibt“).

Gerade, weil es Walter Nigg versteht, Heilige sachgemäß darzustellen, hätte man sich gewünscht, er würde uns seine geliebte Dichtung ohne Heiligenschein vorzeigen.

HEILIGE UND DICHTER. Von Walter Nigg. Walter-Verlag, Olten-Freiburg i. Br. 1982. 271 Seiten. geb„ öS 258,40.

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