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Mozartfilm - todernst

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In einem 4stündigen Mammut- Oeuvre versucht Klaus Kirschner (BRD) der Persönlichkeit des jungen Mozart in optimaler filmischer Neudeutung gerecht zu werden. Seine Fir guren sind fast ausschließlich verlebendigte Großaufnahmen, sprechende Portraits in minutenlangen, kaum veränderten Einstellungen.’ Stumm, bar jeglicher Dialoge und bei sparsamster Handlung ertönt der knappe Kommentar jeweils nur im „Off’, man hört die Stimmen, während die Personen selbst auf der Leinwand schweigen. Der Text basiert auf Tagebucheintragungen und Briefzitaten von Mozart’ Vater und Sohn und bezieht sich bewußt nur auf die arbeitsreiche, von ausgedehnten Reisen bestimmte Jugend des Wunderkindes, auf untertäniges und entwürdigendes Betteln vor snobistischen Fürsten um eine Existenzgrundlage und auf einem allmählich entstehenden Vater- Sohn-Konflikt, den Wolfgang in Auflehnung gegen des Vaters dominierenden Einfluß heraufbeschwört.

Die musikalische Untermalung - oftmals schon konzertanter Selbstzweck - besteht aus klangschöner Fülle von Werken Mozarts und Zeitgenossen, die keineswegs Anspruch auf chronologische Richtigkeit erhebt.

Die Positiva des Streifens: hervorragende und beseelte Aufnahmen des menschlichen Antlitzes in Erstaunen, Verbitterung, Alter, Krankheit und Tod. Eine dichte Atmosphäre oft nur in Detailaufnahmen, teüweise aber auch in Räumen und in der Natur, großartige stumme Typenschilderung des amusischen Augsburger Geldadels. Die Negativa: zu viel Handlungsstagnation und Gleichförmigkeit in der steten Wiederkehr der Motive, stellenweise- banale, akustisch unscharfe Textauswahl (völlig überflüssig ist der fäkal-„witzige” Briefschreiber Wolfgang), häufige Geräuschverfremdung zu andersartiger optischer Thematik, geringe Abwechslung bei den Landschaftsaufnahmen, bewußt einseitige Betrachtung mit dem Schwerpunkt auf einer ernsten, frühreifen, roboterhaften Kindheit ohne den Schein eines Lächelns.

Kirschner zeigt den „Fall Mozart” als soziale Tragödie, bleibt zwar authentisch, wird aber mit diesem starren Aspekt der Gesamtpersönlichkeit des Künstlers nur bedingt gerecht Sein Bemühen ist immerhin anerkennenswert und wurde durch zahlreiche Preise bereits gewürdigt Für Liebhaber vor allem sublimer Kinderpor- traits und qualitätvoller, mehr oder weniger vertrauter Musikschöpfungen zu empfehlen - für wißbegierige Normalkonsumenten, die sich zum „Fall Mozart” brisante und harte Fakten erwarten, zu wenig markant und um die Hälfte zu lang.

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