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Muse erster Klasse

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Was war Anais Nin nun wirklich? Die Muse, Freundin, Beraterin vieler großer Männer wie Artaud, Dali, Durrell, Ernst, Huxley und Miller (wie der Klappentext jubelt), oder war sie bedeutend durch sich selbst? Die Frage kann bei dieser Dame nicht eindeutig beantwortet werden.

Aus den Vorträgen und Interviews die unter dem bezeichnenden Titel „Sanftmut des Zorns - Was es heißt, Frau zu sein" im Scherz-Verlag herausgekommen sind, geht ihre Bedeutung als Ruferin auch nicht klar hervor. Ich fürchte, die Antworten, die sie auf die Frauenfragen der Zeit findet, tragen den Keim in sich völlig mißverstanden zu werden. Was sie vom „unegoistischen Einfühlungsstreben" von der „Bereicherung des Lebens des Mannes durch den Aufstieg der Frau" zum Besten gibt, ist zu schön, um wahrgenommen zu werden. Diese Thesen setzen voraus, daß die Frau sich wirtschaftlich, gesellschaftlich und

geistig bereits auf dem gleichen Podest wie der Mann befindet. Sie greifen das egoistische Patriarchat nicht ein bißchen an, worum es leider aber auch geht.

Es ist, als führe sie erster Klasse und wundere sich, warum nicht auch alle Reisenden der zweiten Klasse ebenso bequem und nobel reisen wie sie.

SANFTMUT DES ZORNS - Was es heißt, Frau zu sein. Von Anais Nin. Vorträge, Seminare, Interviews. Scherz-Verlag, Bern 300Seiten, öS 229,50.

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