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Nein zu Tradition und Establishment

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Architekten aus Graz werden gerne unter dem Markenzeichen „Grazer Schule“ gehandelt, ein irreführender Begriff, da er ihnen gemeinsame Planungsauffassungen unterstellt. Davon kann angesichts der stilistischen Vielfalt, die in Graz herrscht, nicht die Rede sein. So gibt es beispielsweise die erdschwe- ren, üppig modellierten Baukörper des Ehepaares Szys- kowitz/Kowalski, die expressiv-egozentrische Architektur Günther Domenigs, ebenso wie die filigrane High-Tech-Ästhetik von Giencke/Bramberger.

Wenn man genauer schaut, kann man trotz aller Gegensätzlichkeiten dennoch eine Art verbindliches Muster finden: Da ist zunächst eine, schon von Friedrich Achleitner beschriebene Traditionsfeindlichkeit, die Weigerung, sich als Bestandteil einer Entwicklung zu sehen. Im

Unterschied etwa zur Wiener Architektur, die in einer kontinuierlichen, selbstbewußten Geschichte steckt, ist Architektur aus Graz ahisto- risch und schnellebig. Tatsächlich hat man den Eindruck, daß hier häufiger und radikaler als anderswo die Architektur neu erfunden werden soll, und zwar hauptsächlich in Opposition zu den etablierten Leitfiguren.

Die Grazer Szene ist sub- jektivistisch, das heißt, sie ist theoriefeindlich. Der Selbstdarstellungszwang, den sie auf Architekten ausübt, läßt die Architektur sich oft dem Romantischen zuneigen, auch dann, wenn sie sich rationalistisch oder technisch gibt. Der Begriff „Grazer Schule“ wird nur dann sinnvoll, wenn er eine Szene beschreibt, in der alle (und viele vergebens) versuchen, nicht dazuzugehören.

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