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Nihilismus und Wertverfall

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Um es vorwegzunehmen: das Buch von Rudolf Czernin fasziniert und verärgert zugleich. Es fasziniert, weil es in einer auf tiefes und ernstes persönliches Engagement zurückgehenden Weise Wahrheiten ausspricht, die dem durchschnittlichen sensibilisierten Intellektuellengemüt unserer Tage auf Grund von hunderterlei Rücksichten, Differenzierungen und Bedenken nicht auszusprechen möglich sind.

Und es verärgert, weil es aus wahrscheinlich ähnlichen Gründen zu Simplifizierungen und Mystifikationen neigt, die die Grundthesen fragwürdig machen.

Czernin ist nicht der erste, der die gegenwärtige Kultur-, Zivili-sations-, ja Uberlebenskrise der Menschheit analysiert. Selten jedoch wagt es ein Autor, die Auflösung der geistig-sittlichen Werte und das Phänomen der Massengesellschaft so scharf in den Blick zu nehmen.

Die Wertauflösung und der kulturelle Zusammenbruch unserer Gegenwart werden von Czernin nicht allein mit dem Reizwort „Nihilismus" gekennzeichnet, sondern Czernin bindet diese These an die Preisgabe und Mißachtung eines christlich-humanistischen Weltbildes, das für ihn in der Geschichte der Säkularisation, von Descartes bis Sartre, stückweise aufgelöst wurde.

Dabei gelingen dem Autor ebenso überzeugende Thesen wie nahezu erschreckende Mißdeutungen, stehen einfühlsame Analysen neben eher grobschlächtigen Pauschalurteilen.

Man kann diesem Buch einerseits nur zustimmen und andererseits nur widersprechen. Ungerührt bleiben kann man davon nicht.

DER WEG ZUM NICHTS. Analyse der Wertauflösung Von Rudolf Czernin. Englander Verlag, 1981.191 Seiten.

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