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Nochmals Casanova

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Während die,Aufklärer Schiller und Lessing sich anschickten, das deutsche Theater zur Stätte sittlicher Erneuerung zu gestalten, vollzog sich das Leben eines Mannes, der, wurzellos durch Europa irrend, zur Typenbildung geschlechtlicher Libertinage entschieden beitrug. Dieser Giacomo Girolamo Casanova (1725 bis 1798) hat in seinem jüngsten Biografen Heinz von Sauter einen beredten Anwalt gefunden, dem zur Beurteilung des Mannes nur dessen eigene Memoiren taugen.

Solcherart gelangt der Leser zwar zu einem gedrungenen Lebensbild des gebürtigen Venezianers, der als Diener vieler Herren und als Galan entsprechend veranlagter Frauen durch die Lande fuhr und dessen Ausschweifungen nur durch gelegentliche Bußübungen und Geschlechtserkrankungen unterbrochen wurden. Doch wird jeder psychologische Erklärungsansatz mit dem notorischen Hinweis auf die soziale Bedingtheit und Akzeptanz der Promiskuität erstickt.

Der radikale Vormarsch bürgerlicher Tugendideale, der sich auch außerhalb Deutschlands auf breiter Front vollzog, wird vom Verfasser ignoriert. Er trägt lediglich zum — dank Schnitzlers „Casanova in Spa“ - keineswegs originellen Versuch bei, den Lüstling als modernen Typus darzustellen.

DER WIRKLICHE CASANOVA. EINE BIOGRAFIE. Von Heinz von Sauter. Engelhorn Verlag, Stuttgart 1987. 352 Seiten, Ln., öS 232,40.

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