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Non-Book-Literatur in Budapest

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Die ungarische Buchwoche hat heuer eine merkwürdige Tendenz aufgewiesen: die zum Nicht-Schreiben nämlich. Wenige Romane werden von Unmengen jener Sammelbände verdrängt, in denen die meisten Autoren mitZweitveröffentlichungen glänzen. In den neueren Schriften wird die Konfrontation mit den moralischen Problemen der Diktatur geradezu krampfhaft gemieden. Die gar nicht ferne Vergangenheit sollte es anscheinend nicht geben.

Auch die Poesie scheint sich eigenartig im Kreis zu bewegen: im Mittelpunkt steht das abstrakte Individuum, dessen seelisch-geistige Herkunft unbekannt bleibt. Es hat nur Reflexionen und auch die sind müde und sinnlos. Eine verödete Welt.

Dafür blüht aber eine neue Gattung: Unzählige Bände enthalten Aufsätze, die ein sagenhaftes Gemisch von Esoterik, transzendentalerMeditation, Pseudophilosophieren und Nonsense-Dichtung darstellen. Man weiß zwar nicht, was das sein soll, doch „es ist etwas Wahres dran, das steht fest”.

Da die staatlichen Verlage, deren Subventionierung drastisch reduziert worden ist, fast keine Mittel mehr haben, um Lizenzen zu kaufen, war die Weltliteratur nur mit vier Namen (darunter Elias Canetti und Milan Kundera) vertreten. Nach der Buchmesse wird der Markt wieder von Kriminal- und Unterhaltungsromanen oder der so modischen Heilpflanzenliteratur beherrscht sein.

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