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NS-Bewältigung

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Unter einer Reihe von Büchern zur "Vergangenheitsbewältigung" verdienen zwei besondere Aufmerksamkeit: Der evangelische Neute-stamentler Wolfgang Stegemann zeichnet verantwortlich für einen Sammelband "Kirche und Natio-nalsozialismus", der besonders die Rolle der "Bekennenden Kirche", ihr Versagen gegenüber jüdischen Deutschen, die Verstrickung von einzelnen Persönlichkeiten, theologischen Fakultäten und diakonischen Einrichtungen thematisiert. Der österreichische Pfarrer Johannes Dantine untersucht diese Zeit in seinen "Ekklesiologischen Überlegungen im Bedenken von Geschichte (Österreich 1938-1988)" sehr selbstkritisch und zweifelt, ob es denn auch tatsächlich zu einer "Buße der Kirche" gekommen sei oder diese auch nur bereit dazu wäre. Außer Dantine und dem Herausgeber kommen Kurt Scharf, Berndt Hamm, Kurt Meier, Jochen Kaiser und Marcus Keinath mit ebenso kritischen Analysen zu Wort.

Die zweite Veröffentlichung "Kirche in Österreich 1938-1988" , des Grazer Kirchenhistorikers Maximilian Liebmann dokumentiert die wichtigsten Veranstaltungen, Gedanken, Vorträge, Reden im Gedenkjahr 1988 von seiten der katholischen Hierarchie. Sie macht um eine schmerzliche Erkenntnis reicher: So unerläßlich und verdienstvoll der Band auch sein mag, er dokumentiert nur das Gedenken an eine Seite des Verhaltens katholischer Intellektueller und Bischöfe. Bestenfalls angedeutet wird in den historischen Beiträgen die Verstrickung höchster Würdenträger mit dem NS-Regime. Der Band gerät unversehens zur Jubelschrift, die die Vergangenheit für bewältigt erklärt, obwohl sie in Wirklich-keit zum überwiegenden Teil nur verdrängt ist.

KIRCHE UND NATIONALSOZIALISMUS. Herausgegeben von Wolfgang Stegemann. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1990. 176 Seiten, öS 280,80.

KIRCHE IN ÖSTERREICH 1938-1988. Von Maximilian Liebmann. Styria Verlag, Graz/ Wien/Köln 1990. 448 Seiten, öS 490,-.

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