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Orient in Europa

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Ein Emirsmantel aus der Palast- werkstatt Rogers II., dessen Saum eine Inschrift in Kufi - einem früh- islamischen Schriftstil, der die Horizontale betont - trägt: Dieses um 1133 entstandene Prachtstück macht den Besucher der Wiener Schatzkammer auf die kulturellen Hochleistungen der Mauren auf- merksam. Das Krönungsornat des normannischen Königs mit arabi- schen Inschriften fiel auf dem Erb- weg an das römisch-deutsche Kai- serhaus.

Burchard Brentjes, Professor für Orientarchäologie an der Universi- tät Halle-Wittenberg, bietet einen Überblick über die kulturelle Ent- wicklung des westlichen Mittel- meerraumes vom Beginn der isla- mischen Eroberungszüge im 7. Jahrhundert bis zur Kolonialisie- rung Nordafrikas im 18. Jahrhun- dert. Der Autor würdigt neben den militärischen Leistungen der Mau- ren, die ihre Feldzüge im 10. Jahr- hundert sogar bis in die Schweiz ausdehnten, vor allem deren Kul- tur. Wie das zentrale fünfte Kapitel des mit Bildmaterial reich ausge- statteten Buches näher ausführt, sind die Christen die „Schüler der Muslime". Das islamische Spanien,

Sizilien und Süditalien bilden für Jahrhunderte ein fruchtbares Zen- trum der Weltkultur, in dem orien- talische und griechische Traditio- nen weiterentwickelt und in das christliche Europa weitergetragen werden. Bis in das 13. Jahrhundert ist der Mittelmeerraum in Dich- tung, Theologie, Philosophie und Wissenschaften „Lehrmeister des Nordens".

In der Darstellung Brentjes ist der früher vorherrschende Euro- zentrismus und -Chauvinismus dem entgegengesetzten Extrem gewi- chen. Was man den Nichteuropäern absprach, wird heute besonders hervorgestrichen: kulturelle Lei- stungen, religiöse Töleranz und kluge Politik.

DIE MAUREN. Der Islam in Nordafrika und Spanien (642-1800). Von Burchard Brentjes. Herold Verlag, Wien 1989.319 Seiten, öS 398,-.

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