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Orpheus-Entdeckung und Psychodrama

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Vom provinziellen Mief befreit haben sich die „Internationalen Musiktheatertage“ in Vorarlberg. Dennoch ist der Werkstattcharakter nicht verlorengegangen.

Er ermöglicht Begegnungen, heuer etwa mit Yehudi Menuhin als Dirigent und ambitionierten Nachwuchskräften. Diesmal ist die Entdeckung eines neuen Orpheus zu vermelden. Regisseur Paul Flieder wollte diese Rolle in Glucks Oper „Orpheus und Eurydike“ mit einem Bariton besetzen, entdeckte aber während der Proben in Erfurt/DDR (das mit Bregenz kooperiert) die 26jährige Altistin Susanne Blättert aus Freiburg. Ein stimmlich wie darstellerisch ungemein expressiver, im Leiden berührender „Orpheus“. Die Unterwelt ist ein KZ, die Furien tragen Stahlhelme und Maschinengewehre, Drehbühne und Drehspiegel geben die Möglichkeit zu vielfältigen Verwandlungen und psychologischen Deutungen. Matthias Buch sorgt am Pult eines aus Musikstudenten aus Ost und West zusammengesetzten Festivalorchesters für den großen, barocken Fluß, die Gluck-Musik, ein 90köpfiger Chor aus Bregenzern jeden Alters, macht begeistert mit. Die Produktion wird im April auch in Budapest gezeigt.

Mit sparsamsten Mitteln spannendes Musiktheater zu machen, ein zentrales Anliegen der „Internationalen Musiktage“, gelang besonders in der 1975 entstandenen Kammeroper „Fräulein Julie“ nach Strindbergs Drama. Ein zwölftoniges, beklemmendes

Psychodrama menschlichen Leids, das Betroffenheit auslöst.

Der Zuschauer beobachtet in der Rolle des analysierenden Wissenschafters drei Menschen in einer Art Rattenkäfig, in ihrer Zuneigung und ihrem Haß. Die aus der Steiermark stammende Kupfer- Schülerin Caroline Gruber stellt in ihrer Regie diesen Aspekt bewußt vor das gesellschaftspolitische Problem der Liaison zwischen der Grafentochter und dem Diener. Die Musik des in Norwegen lebenden Italieners Antonio Bibalo erhöht Spannungen und setzt dramaturgische Akzente. Hervorragend Jutta Maria Schmitz, Silvia Bitschkowski, Hubert Kramer und das Kammerensemble des „Collegium Instrumentale“ Dornbirn unter Guntram Simma.

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