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Ost-West Begegnung

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Ost-West Begegnung Dertheologischewieauch derphilosophische Sprachgebrauch sind häufig von der Gefahr bedroht, sich mit Wörten zu behelfen, die gleich naturgeschichtlichen Museumspräparaten in Spiritus konserviert jeglichen Glanz und alle frische Farbigkeit des Lebens eingebüßt haben.Auch Predigten und Ansprachen gelingt es nicht immer, dieser Gefahr zu entgehen. Deshalb ist die Tradition des Priester-Dichters, von denen Österreich eine Anzahl besitzt, so nachhaltig wirksam. Der Abt des Stiftes Lilienfeld, Norbert Mussbacher, ist hier zusammenmitHeinrichSuso-Waldeggund Hans Bausenwein zu sehen. Sie alle haben es unternommen, aus der Unmittelbarkeit zeitspezifischer Eindrücke und Erlebnisse den Weg ins Überzeitliche ihres Glaubens zu gehen, ohne die Begrifflichkeit eines spekulativen Wortapparats in Anspruch zu nehmen.

Abt Mussbacherradikalisiert diese Priesterdichtung insofern, als er die japanische Haikuform aufgreüt, einen Typus, der mit einer auch für die fernöstliche Geisteswelt erstaunlichen Folgerichtigkeit das dichtende Subjekt als eigenwertige . Person ausschaltet, um sie als subtilen Empfindungsdetektor von aller Störanfälligkeit zu befreien: „Die alten Häuser / sie tragen zarte Kinder/ auf ihren Armen." Überschrift dieses Haiku: Balkone. Diese Vorherrschaft des Bildes soll mit dem Reiz des Unvorhersehbaren Botschaften vermitteln, als hätten wir sie noch nie gehört: „Heu: Erst abgeschnitten von der Erde, erreichen wir die Vollendung."

BLÜHENDE ZWEIGE. Haiku, Senryu, Tan· ka. Von Norbert Mussbacher. Verlag des Stiftes Lilienfeld, 1990. 116 Seiten.

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